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Antisemitismus Immer mehr jüdische Schweizer erwägen Auswanderung nach Israel

Antisemitismus ist nicht der Hauptgrund, warum die Schweizer Gemeinschaft in Israel wächst. Doch immer mehr Jüdinnen und Juden denken deswegen ans Auswandern.

Die Gemeinschaft der Schweizerinnen und Schweizer in Israel wächst fortlaufend, um mehrere Hundert Personen pro Jahr. 2023 betrug der Zuwachs 833 Personen. Es handelt sich dabei nicht nur um Ausgewanderte, sondern auch um Neugeborene.

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Aber auch die Auswanderung nehme zu, sagt Ralph Steigrad. Er vertritt seine Landsleute in der Auslandschweizer-Organisation (ASO) und verweist auf die Angaben des Schweizer Konsulats in Israel. Das Aussendepartement kommentiert dies nicht.

«Ich hätte erwartet, dass nach dem 7. Oktober viele Schweizer aus Israel in die Schweiz zurückkehren würden», sagt Steigrad im Interview mit «Audiatur Online» – doch es scheint eher umgekehrt: «Mit dem Anstieg des Antisemitismus in Europa dürfte die Schweizer Gemeinschaft weiterwachsen.»

Phänomen in Frankreich

Wird der zunehmende Antisemitismus in der Schweiz also für jüdische Menschen zum Grund, die Schweiz zu verlassen? Dieses Phänomen kann bereits seit Jahren in Frankreich beobachtet werden, doch für die Schweiz wäre es in dieser Breite neu. Zum Antisemitismus gibt es bereits neue Zahlen. Wie sehr er seit dem 7. Oktober 2023, dem Angriff der Hamas auf Israel und dem daraus resultieren Krieg in Gaza, zugenommen hat, hält der Antisemitismus-Bericht 2024 fest.

«Man ist immer davon ausgegangen, dass die Schweiz im Bereich Antisemitismus speziell ist, dass sie anders tickt als die europäischen Länder», sagt Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerisch Israelitischen Gemeindebunds (SIG). «Das ist nicht mehr so.»

Beschimpfungen, Anspucken, Tätlichkeiten oder Angriffe auf Leib und Leben seien bis anhin nur «ferne Geschehnisse aus dem Ausland» gewesen, heisst es im Antisemitismus-Bericht 2024 vom SIG. Heute sei all das auch hierzulande Realität. Auffällig ist, dass die grösste Welle von Tätlichkeiten gegen jüdische Menschen in der Schweiz 2023 unmittelbar nach den Terrorattacken der Hamas und noch vor der Offensive Israels im Gazastreifen stattgefunden hat.

Link zum Bericht:

Was ebenfalls auffällt: In den Jahren vor 2023 konnte man im Antisemitismus-Bericht die meisten Spitzen von antisemitischen Vorfällen noch konkreten Ereignissen zuordnen – also Vorfällen, die für Ressentiments und antisemitische Reaktionen sorgten, so der Antisemitismus-Bericht.

Seither dominieren laut dem Bericht langfristigere Auslöser: «Dies begann mit der Coronapandemie, dann kam der Ukrainekrieg, und seit dem 7. Oktober 2023 herrscht das Attentat der Hamas und der eskalierte Krieg in Nahost als Trigger vor.» Auch eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) kommt zum Schluss, dass sich das subjektive Sicherheitsgefühl von Jüdinnen und Juden in der Schweiz verschlechtert hat. Ein Ausdruck davon ist, dass mehr jüdische Menschen daran denken, die Schweiz zu verlassen.

Link zur Studie der ZHAW:

Vermeidungsverhalten

Es ist eines der sogenannten Vermeidungsverhalten, welche die ZHAW-Kriminologinnen und -Kriminologen bei der jüdischen Bevölkerung festmachen konnten: Jüdische Menschen verstecken ihr Judentum – und denken übers Auswandern nach.

Der Anteil jüdischer Schweizerinnen und Schweizer, die eine Auswanderung in Betracht ziehen, wuchs in nur vier Jahren um 10 Prozent auf 28.4 Prozent, so die Studie. Zu einer Auswanderungswelle wie nach dem Sechstagekrieg 1967 oder dem Wirtschaftswachstum um die Jahrtausendwende ist es aber noch nicht gekommen.

10vor10, 18.3.2025, 21:50 Uhr

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