Wer im öffentlichen Raum nationalsozialistische Symbole zur Schau stellt, soll gebüsst werden. Das schlägt der Bundesrat vor. Er wurde vom Parlament beauftragt, ein entsprechendes Spezialgesetz auszuarbeiten. Dieses geht nun in die Vernehmlassung – bis Ende März können sich Parteien und Organisationen dazu äussern. Der Extremismusforscher Jérôme Endrass ist überzeugt davon, dass das Verbot Wirkung zeigt.
SRF News: Was bringt ein Verbot von Nazisymbolen bei der Bekämpfung von Extremismus in der Schweiz?
Jérôme Endrass: Es bringt einiges – auf unterschiedlichen Ebenen. Diese Symbole führen bei diskriminierten Gruppen zu einer entsprechenden Belastungsreaktion bis hin zu starkem Vermeidungsverhalten. Das heisst: Wenn irgendwo auf einem Grillplatz jemand eine Naziflagge hisst, dann werden sich kaum Jüdinnen oder Menschen dunkler Hautfarbe dort niederlassen wollen. Dem wirkt ein Verbot entgegen. Auf der anderen Seite macht man den Extremistinnen und Extremisten das Leben schwerer, indem sie mit ihrer Symbolsprache nicht mehr derart werben können. Das macht auch den Extremismus weniger attraktiv. Es erleichtert also einerseits das Leben von Minoritäten und erschwert auf der anderen Seite das Agieren von Extremisten.
In welchen Kontexten werden denn in der heutigen Zeit öffentlich Nazisymbole zur Schau gestellt?
Im Moment sind die Symbole in der Öffentlichkeit nicht sehr präsent. Das schwankt aber. In der Coronazeit war die rechtsradikale Symbolsprache sehr stark verbreitet. Wir sehen beim Extremismus Modebewegungen. Vieles kommt wieder zurück, wie man das auch in der Modebranche kennt, salopp formuliert. Und ganz weg geht es nie. Da ist es richtig, dass man dem einen Riegel schiebt. Selbst wenn es im Moment vielleicht nicht das ist, was am meisten die Gemüter bewegt. Aber es ist richtig, da eine Grenze zu ziehen.
Die Fragen nach der Umsetzung sind in diesem Fall eher leichter zu beantworten als in anderen Bereichen.
Im Vorfeld gab es Bedenken bezüglich Umsetzbarkeit eines solches Verbots. Etwa, weil nicht alle Nazisymbole eindeutig als solche zu erkennen sind. Wie schwierig wird es, das Verbot umzusetzen?
Herausforderungen bei der Umsetzung gibt es immer bei neuen Gesetzen. Immer steht genau diese Frage zuvorderst: Wo ziehen wir die Grenzen? Wie weit geht es? Was ist okay? Was ist nicht okay? Das ist überhaupt nichts Neues. Ich würde sogar sagen, dass die Fragen in diesem Fall eher leichter zu beantworten sind als in anderen Bereichen.
Das Parlament hat bewusst entschieden, sich in einem ersten Schritt auf ein Verbot von Nazisymbolen zu konzentrieren, ohne weitere extremistische Symbole miteinzubeziehen. Macht das die Umsetzung einfacher?
Es ist sicher klug, etappiert vorzugehen. Gut ist auch, dass man mit dem Verbot bei einer Symbolsprache anfängt, bei der es einen breiten gesellschaftlichen Konsens gibt, dass das überhaupt nicht okay ist. Dann muss man immer wieder neu evaluieren, ob es noch weitere Bereiche gibt, wo man merkt, dass man eine Grenze ziehen muss. Das wird man natürlich auch zurückhaltend machen, wie dies beim Verbot von Nazisymbolen der Fall war. Das war auch kein Schnellschuss.
Das Gespräch führte Livia Middendorp.