Mit über 160 Millionen monatlichen Nutzern ist Temu rasch zur weltweiten Nummer zwei der Onlinelieferanten geworden – direkt hinter Amazon. Das Erfolgsrezept ist einfach: Es gibt alles zu Billigstpreisen. Doch dieser aggressive Ansatz hat seinen Preis. Analysten zufolge ist das Geschäftsmodell von Temu langfristig nicht tragfähig. Das Unternehmen opfere seine Gewinnspannen, um sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen oder diese zu ersticken.
Für chinesische Exporteure ist die Plattform unumgänglich geworden, da sie eine grosse, internationale Möglichkeit für «Made in China» ist, während der heimische Markt schwächelt.
Kaum Gewinnspannen für die Anbieter
Von Zhejiang an der Südostküste Chinas aus versendet Tikmans Trading Herrenbekleidung in die ganze Welt. Das Unternehmen vertreibt seine Produkte auf Plattformen wie Shein, Amazon und seit 2023 auch auf Temu. «Der grösste Vorteil von Temu ist das Versandvolumen. Zurzeit haben wir mehr als 20'000 Bestellungen pro Tag», erklärt Jie Weibo, Mitbegründer von Tikmans Trading, gegenüber dem Westschweizer Fernsehen RTS.
Seiner Meinung nach liegt der grösste Nachteil der Plattform jedoch in den niedrig gehaltenen Preisen und dem Druck, den Temu dafür ausübt. Die angebotenen Preise sind manchmal so tief, dass sie keinen Gewinn mehr abwerfen. «Temu will, dass wir Artikel, deren Produktion in der Fabrik 1.20 Franken pro Stück kostet, für 25 oder 35 Rappen liefern», sagt der chinesische Geschäftsmann.
Minimalistisches Design und KI
Um rentabel zu bleiben, investiert der Geschäftsmann wenig in Design und setzt stattdessen auf künstliche Intelligenz. Sein Team spürt Fotos von ausländischen Influencern im Internet auf, integriert sie in eine Software und entwirft so jeden Monat 120 neue Kleidungsdesigns.
Dank dieses Verfahrens benötigen sie weniger als eine Woche vom Entwurf bis zum Versand neuer Kleidungsstücke. So bleibt es für Jie Weibo ein gutes Geschäft, denn seit er auf Temu verkauft, sind seine Bestellungen um 50 Prozent gestiegen.