Die Freude bei gut 30 Seniorinnen und Senioren in Stettlen BE ist gross, als sie vor dem Car stehen. Dieser bringt sie nach Brienz im Berner Oberland. Auf dem Programm steht eine Schifffahrt und natürlich ein ausgiebiges Mittagessen. «Es ist toll, wieder etwas zu erleben. Man sieht die anderen Leute nicht alle Tage», sagt der 76-jährige Erich Baumberger zur SRF-Reporterin.
Mit dabei ist auch Binja Breitenmoser. Sie ist seit einigen Monaten Altersbeauftragte der 3000-Seelen-Gemeinde in der Nähe von Bern und damit für Altersfragen zuständig. Das Angebot sei gefragt: Jeden Tag klingle das Telefon bei der Hotline «Senioren-Info».
Das kommt nicht von ungefähr: Ihre Stelle koordiniert in Stettlen seit 14 Jahren die Seniorinnen- und Seniorenangebote der Kirchgemeinde, der Vereine und des Alterszentrums. Entsprechend bekannt ist das «Senioren-Info» bei der Bevölkerung.
Bedarf nach Aktivitäten für Seniorinnen steigt
Was der Jugendtreff für die Teenager ist, sind die Anlaufstellen mit der Vielzahl von Angeboten für die älteren Semester. Diese werden immer wichtiger. Nicht erst seit der Corona-Pandemie, in der viele ältere Leute Unterstützung angewiesen waren.
Denn bis 2035 verdoppelt sich der Anteil der über 65-jährigen Personen in der Bevölkerung laut Bundesamt für Statistik auf über einen Drittel. Landauf, landab bauen die Gemeinden darum Anlaufstellen für diese Zielgruppe aus. Jüngst hat etwa Bremgarten BE eine solche 50-Prozent-Stelle geschaffen.
Vielerorts sind diese Angebote aber ein Flickwerk: Teils arbeiten Gemeinden zusammen, teils sind die Aufgaben ausgegliedert. Andere wiederum setzen auf ein freiwilliges Netzwerk.
Nicht alle können erreicht werden
Ein Patentrezept gibt es nicht: Jede Gemeinde müsse je nach Grösse und Umgebung selbst herausfinden, welches Modell am besten passe, sagt Matthias von Bergen, der die Altersstellen für die Berner Fachhochschule BFH unter die Lupe genommen hat.
Die Aufgaben seien sehr breit, sagt die Stettlener Altersbeauftragte Binja Breitenmoser: «Es geht etwa um die Gestaltung von Plätzen und Trottoirs. Um Generationenprojekte oder Wohnmöglichkeiten für Senioren.» Oder auch darum, Rechnungen korrekt zu bezahlen oder Ergänzungsleistungen zu beantragen.
Ein Problem sei, dass die vielen Angebote gerade in grösseren Gemeinden zu wenig bekannt seien, fügt von Bergen von der Berner Fachhochschule an: «Da muss noch einiges passieren. Etwa bei der digitalen Vermarktung der Angebote.»
Zentral ist, dass man mit den Seniorinnen etwas macht. Und nicht für oder über sie.
In Stettlen organisiert die Senioren-Info auch öffentliche Vorträge oder schaut, dass Betagte dann und wann Besuch erhalten. «Ganz zentral ist, dass man mit den Seniorinnen etwas macht. Und nicht für oder über sie», erklärt Breitenmoser weiter. Die grösste Herausforderung sei aber, alle Seniorinnen und Senioren mit den Angeboten zu erreichen und zu mobilisieren – auch jene, die zurückgezogen lebten.
Die Seniorinnen und Senioren schätzen das breite Angebot für ihre Altersgruppe sehr. Rosette Sutter (74) ist sehr engagiert. «Ich gehe an den Dorftreff, den Mittagstisch und sogar an das Frühstück. Die Gemeinde macht wirklich viel. Manchmal bin ich fast überfordert.»