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Jodeln in neuen Tönen Ein junger Jodlerchor zwischen Tradition und Moderne

Immer mehr junge Menschen begeistern sich fürs Jodeln. Der Jugendchor Jutz möchte diese Tradition erhalten, aber auch frischen Wind in die Jodlerwelt bringen – ein Balanceakt.

Anna Kölbener steht im Wohnzimmer ihrer Eltern neben dem Klavier und wechselt von der Bruststimme in die Kopfstimme – der fürs Jodeln charakteristische Wechsel. Die 25-Jährige studierte Chorleitung in Basel, aufgewachsen ist sie in der Gemeinde Stein im Kanton Appenzell Ausserrhoden. «In unserem Dorf wurde schon immer gejodelt oder ‹zäuerlet›, wie man den Naturjodel hier nennt.»

Junge Frau lächelt beim Bügeln in einem Zimmer mit traditioneller Kleidung im Hintergrund.
Legende: Anna bügelt ihre Tracht für das anstehende Jodlerfest. SRF

Trotzdem wäre sie als Kind gerne ein Junge gewesen, denn: «Bei uns im Appenzellerland ist speziell, dass die Mädchen und Frauen nicht so ‹zäuerlen›.» Es gäbe zwar schon Frauen, die das täten, aber generell sei das Jodeln hier mit Traditionen verknüpft, wie dem Silversterchlausen, und da würden hauptsächlich Männer aktiv teilnehmen. Frauen würden mehr eine unterstützende Rolle einnehmen. «Aber ich jodle einfach selbst sehr gerne», sagt Anna.

Zuwachs bei Jugendchören

Damit steht sie nicht alleine da. Das Interesse am Jodeln sei bei jungen Menschen spürbar gestiegen und zeige sich unter anderem in der wachsenden Zahl junger Mitglieder, schreibt der Eidgenössische Jodlerverband.

Was ist Jodel?

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Der Jodel ist ein Gesang, bei dem abwechselnd zwischen der Brust- und der Kopfstimme gesungen wird. Dabei wird zwischen Naturjodel und Jodellied unterschieden. Der Naturjodel besteht nur aus Melodien ohne Text. Charakteristisch für das Jodellied hingegen sind gesungene Strophen und ein gejodelter Refrain.

(Quelle: Bundesamt für Kultur)

Ihre Leidenschaft lebt Anna auch als Chorleiterin des Jugendchor jutz.ch aus. Wenn sie gemeinsam mit dem Co-Leiter das Programm zusammenstelle, gebe es immer wieder Jodeltexte, mit denen sie sich nicht identifizieren könnten. «Wir haben auch schon ein Lied abgeändert», erzählt Anna. Darin hiess es: «Lieben ist gewiss keine Sünde, mit einem schönen, braven Kind. Der ‹Äti› hat ‹s'Mütti› genommen, sonst wären wir nicht hier.»

«Ich glaube nicht, dass es so gemeint ist, aber man könnte es so verstehen, dass es keine Sünde wäre, sich an einem Kind zu vergehen», erläutert sie. Mit dem Chor haben sie dann gesungen: «Lieben ist gewiss keine Sünde und dafür gibt es viele Gründe. ‹S'Müetti› hat den ‹Äti› genommen.»

Vier Frauen in traditioneller Kleidung auf einer Bühne mit Bergkunst im Hintergrund.
Legende: «Mys Daheim» heisst das eigens für den Jugendchor komponierte Lied. SRF

Am diesjährigen Zentralschweizerischen Jodlerfest in Sempach performte der Chor ein Lied, das extra für ihn komponiert wurde. Laut Anna, ein modernes Stück. Nicht unbedingt, was den Text angehe, aber die Harmonien und Taktwechsel seien aussergewöhnlich. «Und es ist für einen gemischten Chor, denn die meisten Jodellieder wurden für Männerchöre geschrieben», sagt Anna.

So ist der Jodel entstanden

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Woher der Jodel kommt und wie er genau entstanden ist, weiss man nicht. Weit verbreitet ist die These, dass die Menschen durch Jodelrufe von Berg zu Berg kommuniziert haben.

Was man aber weiss: In der Schweiz und in anderen Alpenländern hat sich Anfang des 20. Jahrhunderts das Jodeln zu Jodelliedern, wie wir sie heute kennen, weiterentwickelt. Erst mit der Gründung des Eidgenössischen Jodlerverbandes 1910 ist es zu etwas typisch Schweizerischem erklärt worden.

Dieses Jahr hat die Schweiz eine Kandidatur bei der Unesco eingereicht, um das Jodeln in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufzunehmen. Diese soll voraussichtlich bis Ende 2025 geprüft werden. 

Einige Experten und Musiklehrerinnen aus der Jodlerwelt sprechen von spürbar frischem Wind. Dieses Jahr hat die erste Studentin der Schweiz einen Master im Jodeln abgeschlossen, vor ein paar Monaten wurde der erste Jodlerklub für homosexuelle Männer gegründet und seit rund zwei Jahren sorgt der Chor « Echo vom Eierstock » mit seinen feministischen Texten für Diskussionen.

Mir ist es wichtig, dass ich aus dem, was es schon gibt, etwas Neues mache.
Autor: Anna Kölbener Jodlerin

Mit «jutz.ch» möchte auch Anna hie und da aus dem sehr Traditionellen ausbrechen. Im Chor ist man sich einig: Tradition, die sich nicht weiterentwickle, stagniere und wenn man möchte, dass junge Menschen weitermachen, müsse mit dem Zeitgeist gegangen werden. Trotzdem: «Mir ist es wichtig, dass ich aus dem, was es schon gibt, etwas Neues mache und nicht etwas komplett Neues erschaffe», sagt Anna.

Frau in traditioneller Kleidung beim Schnüren einer Weste.
Legende: «Solange der Respekt vor dem Jodel und Traditionen bewahrt wird, finde ich es sehr schön, wenn es neue Sachen gibt», sagt Anna über den Spagat zwischen Altem und Neuem. SRF

Nicht nur wegen ihrer jungen Mitglieder fällt der Chor am Jodlerfest auf. Weil sie aus verschiedenen Regionen stammen, tragen die Frauen unterschiedliche Trachten. Das ist bei einem Jodlerchor nicht alltäglich. Diese verschiedenen Welten einander näherzubringen, ist für Anna ebenfalls ein Ziel: «Ich möchte Leuten, die mit Jodeln nichts am Hut haben, zeigen, wie cool Jodeln sein kann, und der Jodlerwelt, was sonst noch möglich ist.»

«SRF Impact»

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Legende: SRF

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SRF Virus, 18.7.2024, 7:10 Uhr

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