«Hier steht der Fesselstuhl – wer will, kann hier an der Party gefesselt werden.» Was für einige neu und verrückt klingt, ist für Zona ein schon bekanntes Terrain. Sie führt durch die Bar und erklärt alle Installationen für die sogenannte «Sweat and Glitter Party», einem sexpositiven Event.
Hier sei vieles möglich, aber nichts sei Pflicht. Neben dem Fesselstuhl gibt es eine «Fummel-Säule», Käfige oder einen Dark Room – alle Formen von einvernehmlichem Sex sind hier ausdrücklich erlaubt.
Wachsendes Interesse
Wichtig sei bei einer solchen Veranstaltung der Konsens. «Nur weil jemand ein Ticket gekauft hat, hat er noch lange kein Recht auf Sex. Nur Ja heisst Ja», erklärt Zona weiter. Dafür gebe es ein Awareness-Konzept – Spielregeln, die alle Teilnehmenden kennen müssen. Wer sich nicht daran hält, fliegt raus.
Die sexpositive Party ist Teil des pornografischen Filmkunst-Festivals «Porny Days». Einem Event, der sich immer mehr auch im Mainstream etabliert. Bei der Gründung vor zehn Jahren waren knapp 100 Besucher vor Ort – mittlerweile sind es mehrere Tausend. «Ich erkenne eine Tendenz, dass sich immer mehr Menschen mit der Thematik beschäftigen wollen», sagt David Suivez von Serratus, einem Verein, der auch an den «Porny Days» involviert ist.
Vergessene Klitoris
Die sexpositive Szene steht für mehr als Partys und Filme. In Workshops wird Aufklärungsarbeit betrieben und viel zur Sensibilisierung der eigenen Sexualität geleistet, wie zum Beispiel im Vulva-Workshop von Serratus.
Diese Aufklärungsarbeit sei bitter nötig, sagt Kursleiterin Beatrice Bast: «Die weibliche Anatomie wurde lange Zeit vernachlässigt. Sehr viele Teilnehmende wissen nicht, wie eine Klitoris tatsächlich aussieht.» Diese Wissenslücke komme nicht von ungefähr: Auch in vielen Medizin- und Schulbüchern werde die Klitoris bis heute falsch dargestellt.
Lustvolle Sprache
Angie Walti arbeitet bei einer Fachstelle für sexuelle Gesundheit und wirkt dort als Sexualpädagogin und Sexualberaterin. Für sie ist klar: «Wir sprechen sicher nicht zu wenig über Sex, wir sprechen einfach viel zu wenig über unsere eigene Sexualität.»
Daher komme auch das Schamgefühl, da wir uns zu wenig mit uns selbst befassen. Für sie bedeutet «Sexpositivity» auch, dass sie alle Körperteile und Handlungen, die mit Sexualität in Verbindung gebracht werden, positiv und lustvoll konnotiert.
Ob in Zukunft breite Teile der Gesellschaft eine sexpositive Einstellung entwickeln werden, kann Angie Walti nicht beantworten. Die Sexualpädagogin würde es aber schade finden, wenn dies nur gewissen Gruppen vorbehalten würde, «denn wenn wir alle eine sexpositive Haltung hätten, könnten alle eine selbstbestimmtere und freiere Sexualität leben.»