Viele denken bei Foodwaste unweigerlich an die mit Lebensmittel gefüllten Container der Grossverteiler. Tatsächlich sind die Läden aber das kleinste Problem. Sie sind gerade mal für acht Prozent der Umweltbelastung durch Foodwaste verantwortlich.
Mit 38 Prozent sind wir alle zu Hause deutlich grössere Verschwenderinnen und Verschwender. Entlang der Wertschöpfungskette, also inklusive Landwirtschaft und Industrie, fallen in der Schweiz pro Person jährlich 330 Kilogramm Foodwaste an. Eine grosse Zahl, welche die Schweiz bis 2030 halbiert haben soll.
Lebensmittel übers Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus verkaufen
Gerade weil wir zu Hause am meisten Lebensmittel wegschmeissen, zielt ein Projekt des Vereins foodwaste.ch auf die Schnittstelle von Läden und Verbraucherinnen. Seit 2021 ist rechtlich geklärt, dass Läden Lebensmittel über deren Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) hinaus verkaufen dürfen. Das soll nun vermehrt in die Praxis umgesetzt werden.
Dafür stellt foodwaste.ch interessierten Läden Informationen und Etiketten zur Verfügung. So können Lebensmittel, die oft über das MHD hinaus gut sind, noch verkauft werden.
Foodwaste.ch geht bewusst auf kleinere und mittlere Läden zu. Dort erhofft man sich die grösste Wirkung, weil dort Themen wie MHD und Haltbarkeit direkt mit Kundinnen und Kunden diskutiert werden können.
Das Potenzial der Idee wäre gross. Haushalte verursachen laut einer Befragung des Beratungsunternehmens Deloitte 19 Prozent ihrer Lebensmittelabfälle, weil sie das Haltbarkeitsdatum nicht richtig interpretieren. Knapp 18'000 kleinere Läden in der Schweiz könnten Lebensmittel über das MHD hinaus verkaufen, aber erst wenige Läden tun es tatsächlich. Auch Grossverteiler verkaufen noch keine abgelaufenen Lebensmittel.
Pizza und Chips aus Brauereiabfällen
Viel Foodwaste entsteht aber auch, bevor ein Produkt überhaupt im Regal steht. Die Lebensmittelindustrie belastet die Umwelt mit vermeidbaren Lebensmittelabfällen am zweitstärksten.
Um Foodwaste in der Industrie zu reduzieren, gibt es die Idee, aus Nebenströmen neue Produkte herzustellen. Die Brauerei Locher tüftelt seit über zehn Jahren an neuen Lebensmitteln aus Treber, dem ausgelaugten Malz, wovon alleine in der Appenzeller Brauerei pro Woche über 100 Tonnen anfallen.
Bisher wurde Treber als Viehfutter verwendet, landete in einer Biogasanlage oder musste sogar weggeworfen werden. Trotz der langen Entwicklungszeit landen bei der Brauerei Locher erst 15 bis 20 Prozent des Trebers in neuen Produkten. Bis 2025 soll der gesamte Treber in neue Lebensmittel verarbeitet werden. Dann sollte sich das Geschäft auch kommerziell lohnen, was bis jetzt nicht der Fall sei, so Aurèle Meyer, Geschäftsleiter der Brauerei Locher.
Ab 2025 vielleicht verpflichtende Massnahmen
Der Bund hält fest, dass solche neuen Produkte aus Nebenströmen einen hohen Einfluss auf die Foodwaste-Reduktion haben können, noch weiter skalierbar sind, aber aktuell noch zu wenig umgesetzt werden. Auch andere Massnahmen zur Reduktion von Foodwaste würden noch zu wenig umgesetzt.
Im Jahr 2025 will der Bund Bilanz ziehen, inwiefern die bisherigen auf Freiwilligkeit basierenden Massnahmen Foodwaste in der Schweiz reduziert haben. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass das Ziel so nicht erreicht werden kann. Deshalb behält sich der Bund vor, ab 2025 verpflichtende Vorgaben für Gastronomie, Industrie und Läden einzuführen.