- Eine Volksinitiative fordert ein Verbot für Tabakwerbung, die Kinder oder Jugendliche erreicht.
- Der Nationalrat will die Werbung für Tabakprodukte nicht weiter einschränken. Mit 96 zu 84 Stimmen bei 7 Enthaltungen empfiehlt er die Initiative zur Ablehnung.
- Die grosse Kammer folgt damit der Gesundheitskommission, die die Initiative mit deutlicher Mehrheit zur Ablehnung empfohlen hat.
Heute ist Tabakwerbung nur in Radio und Fernsehen verboten. Das will die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung», die von Gesundheits- und Jugendorganisationen lanciert wurde, ändern. Da Werbung Jugendliche praktisch überall erreicht, käme dies faktisch einem flächendeckenden Werbeverbot gleich.
Davon wollten besonders die bürgerlichen Fraktionen im Nationalrat nichts wissen. Mehrere Sprecher betonten, dass ein Tabakverbot ein unverhältnismässiger Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit darstellen und Arbeitsplätze gefährden würde. So etwa Thomas Burgherr (SVP/AG). Er sagte: «Es wäre unverständlich, wenn legal produzierte Produkte nicht mehr beworben werden könnten.»
Doch auch den Gegnern der Initiative ist zielgerichtete Prävention wichtig. So sprach etwa Regine Sauter (FDP/ZH) von einem «gewissen Handlungsbedarf», denn niemand wünsche sich nikotinabhängige Jugendliche. Das Ziel solle aber mit dem revidierten Tabakproduktegesetz erreicht werden, das die Räte parallel zur Initiative behandeln.
Ähnlich äusserte sich Philipp Kutter (Mitte/ZH). Die Tabakbranche halte sich bereits an Werbebeschränkungen. «Sie hat sich beispielsweise verpflichtet, keine Werbung in Printmedien zu machen, deren Leserschaft nicht zu 80 Prozent aus Erwachsenen besteht. Das ist ein Beispiel einer gelungenen Selbstregulierung.»
SP, Grüne und GLP sahen dies anders. Kinder und Jugendliche müssten vor Tabakwerbung geschützt werden, da Dreiviertel der Rauchenden als Minderjährige damit beginnen, so der Tenor. «Es ist logisch, dass die Tabakindustrie ein Interesse daran hat, Jugendliche anzusprechen. Daher braucht es eine Gesetzgebung, die Jugendliche vor dem Konsum von Tabakprodukten besser schützt», forderte Sandra Locher Benguerel (SP/GR).
Dem stimmte Felix Wettstein (Grüne/SO) zu. In allen Nachbarstaaten der Schweiz sei der Schutz der Kinder und Jugendlichen besser verwirklicht, wenn es um Vorbeugung vor schädlichen Folgen des Tabakkonsums gehe. «Ein Verbot der Tabakwerbung wäre auch ein Beitrag zur Kostendämpfung in der Behandlung von Krankheiten.»
Mehrere linke Parlamentarierinnen betonten die Notwendigkeit, unnötige Todesfälle zu vermeiden. Laut BAG ist das Rauchen von Zigaretten weiterhin die häufigste Ursache von vermeidbaren Todesfällen und Behinderungen, 9500 Menschen in der Schweiz sterben jedes Jahr an den Folgen des Tabakkonsums.
«Tabak tötet mehr Menschen als das Coronavirus», resümierte Isabelle Moret (FDP/VD). Sie verlange kein generelles Werbeverbot für Tabak, sondern einzig ein Verbot der Tabakwerbung, die auf Minderjährige abzielt – wie es die Initiative verlange, betonte sie im Rat.
Für das Volksbegehren votierte auch die GLP. Zwar werde die wirtschaftliche Freiheit mit einem Werbeverbot eingeschränkt, sagte Jörg Mäder (GLP/ZH). Seine Fraktion nehme das aber in Kauf. «Die Verletzlichkeit der Kinder ist gewichtiger als ein Geschäftsmodell, das auf süchtig machenden Substanzen beruht.» Die markigen Worte nützten letzten Endes jedoch nichts: Der Nationalrat sprach sich gegen die Initiative aus.