Am Istanbuler Gipfel im März 2004 traten die Länder Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien der Nato bei. Damals sah Russlands Präsident Wladimir Putin das alles ganz gelassen. Heute nicht mehr.
Allerdings: Probleme macht der Nato nicht nur Russland und sein Präsident. Im letzten Oktober kam in der Slowakei eine prorussische Regierung an die Macht. Der Linkspopulist Robert Fico gewann die Wahlen mit Wahlkampfsprüchen wie: «Der Krieg kam für uns in der Slowakei immer aus dem Westen. Freiheit und Frieden immer aus dem Osten. Vergessen wir das nie.» Und mit dem Versprechen, unter seiner Führung werde die Slowakei «nicht einen Schuss Munition» an die Ukraine liefern.
«Der Ukraine-Krieg ist nicht unser Krieg»
Einen Tag nach seiner Vereidigung als Ministerpräsident erklärte Robert Fico provokativ: «Der Ukraine-Krieg ist nicht unser Krieg. Wir haben absolut nichts mit diesem Krieg zu tun.» Bei Kriegsausbruch 2022 hatte die Slowakei noch ihre russischen MIG-Flugzeuge an die ukrainische Armee abgegeben. Damit soll jetzt laut Robert Fico Schluss sein.
Der Slowake Pavel Macko ist ein langjähriger hochrangiger Nato-General im Ruhestand. Für ihn ist die Slowakei jetzt ein «trojanisches Pferd» in der Nato. «Unser Ministerpräsident wird zum Problem für die Nato und für die Nation. Die Slowakei kann schon bald die fünfte Kolonne in der Nato sein. Ein Mitglied, das insgeheim mit dem Feind sympathisiert.» Wäre er noch in der Nato-Führung würde er sich gut überlegen, welche Geheimnisse er noch mit der slowakischen Armee teilen würde, sagt Macko im Interview mit SRF.
Das Vertrauen der Nato bröckelt
Dasselbe Problem hat die Nato bereits mit Ungarn. Auch die ungarische Regierung ist offen prorussisch. So blockierte Ungarn monatelang den Nato-Beitritt von Schweden. David Pressman, US-Botschafter in Budapest, machte am 25. Jahrestag des ungarischen Nato-Beitritts deutlich, dass das Vertrauen der Nato in Ungarn bröckelt: «Wir werden uns entscheiden müssen, wie wir unsere Sicherheitsinteressen am besten schützen.»
Noch viel freundlicher ist derzeit der Umgangston der Nato mit der Slowakei: Als US-Verteidigungsminister Lloyd J. Austin kürzlich seinen slowakischen Amtskollegen Robert Kalinak traf, pries er die engen Beziehungen zwischen den USA und der Slowakei. «Die Slowakei erhöht ihre Verteidigungsausgaben und vernetzt sich stärker mit der Nato», lobte Austin. Der Hauptgrund für die freundlichen Worte für die prorussischen Slowaken: Die Regierung Fico kauft den USA gerade neue Kampfjets der Marke F-16 Fighting Falcon ab. Da muss die öffentliche Kritik warten, bis der Deal über die Bühne ist.
«Strategische Geduld»
Auch General Pavel Macko rät der Nato zu «strategischer Geduld» mit der Slowakei: «Es ist besser, einen weniger verlässlichen Alliierten zu haben, als einen gut kalkulierbaren Feind.» Die Einigkeit der Nato in Osteuropa scheint vorläufig vorbei. Allerdings: Die slowakische Rüstungsindustrie liefert infolge langfristiger Verträge weiterhin Waffen und Munition an die Ukraine.