Für Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg war es ein ganz besonderer Tag: Auf Schwedisch konnte der Norweger in Brüssel das 32. Nato-Vollmitglied begrüssen. Bei strömendem Regen wurde die Nationalhymne Schwedens gespielt und die Flagge gehisst.
Gleichzeitig mit der Zeremonie in Brüssel wurde an vielen Orten in Schweden die Nato-Flagge gehisst. Das löste in der Bevölkerung zum Teil gemischte Gefühle aus: «Ich weiss nicht, ob dies positiv oder negativ zu werten ist», sagt etwa eine ältere Frau in Stockholm.
Angriff der Russen führte zum Beitritt
Sie verweist darauf, dass die neue Sicherheitslage in Europa einen solchen Schritt notwendig gemacht habe. Gleichzeitig bedauert sie, dass nun Schweden nicht mehr neutral sein könne – so wie in den letzten 210 Jahren.
Eine andere Beobachterin der Flaggenzeremonie vor dem Stockholmer Rathaus erachtet den Nato-Beitritt als absolute Notwendigkeit: «Das ist sehr gut, denn man weiss ja nie, auf welche Ideen die Russen noch kommen könnten», sagt sie.
Tatsächlich ist es der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, welche in Schweden zu einem radikalen Umdenken geführt hat. Vor Putins Einmarsch im Nachbarland standen gut 80 Prozent der Schwedinnen und Schweden der Mitgliedschaft ablehnend gegenüber. Inzwischen ist das Verhältnis gerade umgekehrt.
Die Frage der Atombomben-Stationierung
Jetzt stellen sich neue Fragen – etwa die nach Atombomben: Soll Schweden auch die Stationierung von Atomwaffen auf dem eigenen Territorium zulassen?
Für Josefin Lind von den Ärzten gegen Atomwaffen kommt dies nicht infrage. «Wir dürfen uns auch an der Planung von solchen nuklearen Einsätzen nicht beteiligen», fordert die Kernwaffengegnerin.
Etwas anders tönt es bei der schwedischen Armee. Hier erklärt Carl Sörensson von der Forschungseinheit der Armee, dass eine Nato-Mitgliedschaft und Atomwaffen zusammengehörten. «Wie genau eine solche nukleare Kooperation aussehen soll, wissen wir heute noch nicht», betont Carl Sörensson immerhin.
Neutralität war einmal
Klar ist, mit dem Hissen der schwedischen Flagge vor dem Nato-Hauptquartier ist nun Schweden definitiv kein neutraler Staat mehr. Gerade in der Ostsee wird das grösste nordische Land viel zum Sicherheitsdispositiv der Allianz beitragen können.
In den Köpfen vieler Schwedinnen und Schweden wird es jedoch zweifellos noch etwas dauern, bis sich die alte Neutralitätsmentalität in ein neues Nato-Denken gewandelt hat.