- Der russische Geheimdienst soll eine Destabilisierungskampagne in Finnland und in Schweden geplant haben.
- Der öffentlich-rechtliche Medienkonzern Yle bezieht sich auf ein Dokument, das von einem russischen Geheimdienstmitarbeiter verfasst worden sei.
- Der finnische Geheimdienst hat die Pläne bestätigt.
Der Kreml hatte Pläne, die anti-islamische und anti-türkische Stimmung anzuheizen. Dem finnischen Rundfunk Yle sollen entsprechende Geheimdienstdokumente vorliegen.
Gemäss diesen waren inszenierte Demonstrationen gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in mehreren europäischen Grossstädten geplant. Auch anti-islamische Graffiti sollten einen Keil zwischen Europa und die Türkei treiben. Die Aktionen sollten über Social Media verbreitet und die öffentliche Debatte so beeinflusst werden.
Erdogan spielte eine wichtige Rolle
Die Inspiration dazu soll sich Russland in Schweden geholt haben, erklärt SRF-Nordeuropakorrespondent Bruno Kaufmann. In Schweden hatten Rechtsextremisten Korane verbrannt. Auf linker Seite verbrannten kurdische Demonstrierende eine Puppe des türkischen Präsidenten Erdogan. «Russland versuchte, daraus eine Kampagne zu machen, über Schweden hinaus nach Finnland.»
Seit Beginn der Nato-Verhandlungen stellte sich Erdogan gegen Beitritt Schwedens und Finnlands quer – mit der Begründung, dass die beiden Länder Akteure unterstützten, die für die Türkei Terrororganisationen sind. Hinzu kamen die Koranverbrennungen. «In Moskau hat man gesehen, dass das zu einer Verzögerung oder Verhinderung führen könnte», so Kaufmann.
Als der Bericht im Frühjahr verfasst wurde, war Finnland noch kein Nato-Mitglied. Im April wurde es schliesslich aufgenommen. Schweden wartet noch immer.
Informationen wirken glaubwürdig
Der finnische Geheimdienst hat die Pläne mittlerweile bestätigt. Dennoch ist bei den Informationen Vorsicht geboten: «Geheimdienstberichte werden im Geheimen verfasst. Sie können nicht nachgeprüft werden. Trotzdem erscheint mir das in diesem Fall ziemlich glaubwürdig», sagt Bruno Kaufmann.
Die finnische Sicherheitspolizei Supo sei grundsätzlich extrem zurückhaltend, was solche Berichte angeht. So äusserte sie sich beispielsweise nicht zu Berichten zum aktuellen Konflikt um die finnisch-russische Grenze.
«Dass der finnische Geheimdienst die Pläne nun bestätigt, unterstreicht einerseits die Stichhaltigkeit. Andererseits passierte das Szenario vor dem Nato-Beitritt Finnlands. Man hat auch das Gefühl, hier könne nicht noch wahnsinnig viel zusätzlicher Schaden entstehen.»
Vom Tauwetter zur Eiszeit
Das Verhältnis zwischen Russland und Finnland ist angespannt. Berichte wie diese schaden dem gegenseitigen Vertrauen zusätzlich. Nordeuropakorrespondent Kaufmann spricht von einer Eiszeit: «Finnland und Russland standen sich in den letzten 30 Jahren zum Teil ziemlich nahe. Finnland hatte gehofft, als EU-Mitglied zur Brücke Europas zu Russland zu werden.»
Seit der illegalen Annexion der Krim im Jahr 2014 und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat sich dieses Verhältnis schrittweise verschlechtert. «Finnland hat gemerkt, dass man dem östlichen Nachbarn nicht vertrauen kann. Es gab seither immer wieder Drohungen und Signale.»
Der finnische Präsident Sauli Niinistö hat bei einem Nato-Beitritt mit Nadelstichen gerechnet. Trotzdem fühlt sich Finnland laut Kaufmann jetzt sicherer. «Statt der Brücke zum Osten ist man jetzt die Rückwand Europas zum russischen Nachbar.»