- Nach der Überschwemmung in Libyen fordern mehrere hundert empörte Menschen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
- Laut Augenzeugen sollen Demonstranten versucht haben, das Haus des zurzeit suspendierten Stadtpräsidenten von Derna anzuzünden.
- Einsatzkräfte haben bislang über 4000 Opfer identifiziert. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass darunter etwa 400 Migrantinnen und Migranten sind.
Rettungsteams schlagen in der von Überschwemmungen stark zerstörten Hafenstadt Derna wegen der prekären Trinkwasserversorgung Alarm. Derweil entlädt sich unter den verzweifelten Überlebenden Wut auf die politischen Eliten.
In Folge des Sturms «Daniel» brachen zwei Dämme in Derna. Den Behörden wird vorgeworfen, diese nicht ordnungsgemäss instand gehalten und somit zum Ausmass der Katastrophe beigetragen zu haben. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf.
Schon Dutzende Kinder wegen Schmutzwasser erkrankt
Durch die schweren Überschwemmungen sind die Wasserquellen in der Katastrophenregion stark mit Abwässern verunreinigt. Tausende Menschen haben dadurch keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser mehr. Die Hilfsorganisation International Rescue Committee (IRC) warnte eindringlich vor einer sich «rasch ausweitenden Gesundheitskrise», vor allem in Derna. Dutzende Kinder seien bereits wegen verschmutzten Wassers erkrankt, hiess es.
Auch die Vereinten Nationen zeigten sich besorgt über die Zustände im Osten des Bürgerkriegslandes. Insbesondere verunreinigtes Wasser und mangelnde sanitäre Einrichtungen erhöhten das Risiko von Krankheitsausbrüchen, hiess es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung von UNSMIL, der Mission der Vereinten Nationen in Libyen.
Rund 400 tote Migrantinnen und Migranten vermutet
Von der Katastrophe sind auch viele Migranten und Migrantinnen betroffen. Vor den Überschwemmungen lebten Tausende von ihnen allein in Derna. Die Organisation für Migration der UNO, die IOM, geht davon aus, dass die Zahl der Todesopfer unter den migrierten Menschen besonders hoch sein werde, da sie in sehr niedrig gelegenen Gebieten angesiedelt gewesen seien, wie die Organisation dem britischen Sender BBC mitteilte.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bis Ende vergangener Woche rund 4000 Todesopfer identifiziert. Die IOM geht davon aus, dass sich darunter rund 400 Migrantinnen und Migranten befinden. Diese Zahlen dürften mit der andauernden Bergung weiterer Leichen noch steigen.
In Libyen halten sich Hunderttausende Zugewanderte auf. Einige leben und arbeiten langfristig in dem nordafrikanischen Land, während es andere als Transitland nutzen, um nach Europa zu gelangen. Die IOM und die WHO geben die Zahl der bestätigten Todesfälle ähnlich hoch an. Die Regierung im betroffenen Osten Libyens bezifferte die Zahl der offiziell registrierten Toten mit Stand vom Montagabend auf 3338. Zehntausende von Menschen wurden durch die Katastrophe obdachlos.
Staat faktisch zweigeteilt
Libyen ist politisch faktisch zweigeteilt. Das Bürgerkriegsland hat im Westen eine Regierung, die international anerkannt ist. Im Osten, wo der Sturm «Daniel» besonders grossen Schaden angerichtet hat, herrscht eine andere Regierung, die international nicht anerkannt ist. Die faktische Teilung erschwert die Rettungseinsätze.