Ab in die Wüste - Die Saudis kaufen sich quer durch den europäischen Fussball
Geld regiert die Fussballwelt: Nicht mehr nur Altstars folgen dem Ruf der Petrodollars. Ihre Wechsel in die Wüste begründen die Spieler mit abenteuerlichen Argumenten.
Die Affichen lesen sich wie das Halbfinale der Champions League: Sadio Mané, Cristiano Ronaldo und Marcelo Brozovic treten gegen Karim Benzema, Fabinho und N’Golo Kanté an. So manch virtuose Ballstafette dürfte aber am Unvermögen der Mitspieler scheitern: Denn auf dem Feld duellieren sich nicht Real Madrid und Liverpool, sondern Al-Nassr und Ittihad aus der Saudi Pro League.
Der Marktwert der meisten Spieler bewegt sich im Rahmen eines Tagesgehalts von Ronaldo und Benzema: Die beiden verdienen jährlich 200 Millionen Franken – rund 550'000 Franken in 24 Stunden.
Legende:
Ronaldo sieht sich selbst als (fürstlich entlöhnten) Entwicklungshelfer des saudischen Fussballs. Und er gibt sich gewohnt selbstbewusst: «Der europäische Fussball hat viel an Qualität verloren», verkündete er jüngst nach einer 0:5-Niederlage im Testspiel gegen den spanischen Erstligisten Celta Vigo.
Keystone/EPA/STR
Den Scheichs auf der Tribüne dürfte es egal sein, wenn mal ein Ball ins Aus kullert. Sie sonnen sich im Glanz der modernen Gladiatoren. Brot und Spiele fürs Volk. Und betreiben, wie Menschenrechtsorganisationen monieren, «Sportswashing», mit dem der ramponierte Ruf im Ausland verbessert werden soll.
Kronprinz pumpt Milliarden in Transferoffensive
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Legende:
Mohammed bin Salman
Keystone/AP/Jacquelyn Martin
Alimentiert wird die Einkaufstour vom saudischen Staat: Die Clubs Al-Nassr, Al-Hilal, Al-Ittihad und Al-Ahli wurden in diesem Sommer vom saudischen Public Investment Fund (PIF) übernommen. Der Vorsitzende: der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman.
Der starke Mann in der Wüstenmonarchie hat ein ausgeprägtes Sendungsbewusstsein – und womöglich auch Blut an den Händen: «MBS» wird vorgeworfen, die bestialische Ermordung des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi im Jahr 2018 angeordnet zu haben.
Die Investitionen in den Fussball sollen kein Intermezzo wie in China bleiben, das in den 2010er-Jahren zum Eldorado alternder Fussballstars geworden war. Dort blieb der «Return of Investment» nämlich aus, sportlich wie wirtschaftlich.
Der saudische Staat verfolgt dagegen hochfliegende Pläne: Die heimische Fussballliga soll mittelfristig mit den europäischen Topligen mithalten können. Dafür will Riad laut einem Bericht des amerikanischen TV-Senders CBS bis 2030 rund 20 Milliarden Franken in Transfers investieren.
Der 35-jährige Benzema geht mit reinem Gewissen in die fussballerische Frührente. «Ich bin ein Moslem, und dies ist ein muslimisches Land. Ich wollte immer hier leben», erklärte der amtierende Weltfussballer.
Das sind die Stars der Saudi Pro League:
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Legende:
Cristiano Ronaldo (rechts) und Karim Benzema (links) reihten bei Real Madrid einen Champions-League-Titel an den anderen. Nach seinem langjährigen Weggefährten wechselt auch der Franzose nach Saudi-Arabien. In ihrem Gefolge zieht es nun weitere europäische Stars in die Saudi Pro League.
Getty Images/Matthew Ashton
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Legende:
Auch Neymar kickt künftig in Saudi-Arabien: Der teuerste Spieler der Welt verlässt Paris Saint-Germain nach sechs Jahren und wechselt zu Al-Hilal in die Hauptstadt Riad. Dort wird der Brasilianer rund 100 Millionen Euro pro Jahr verdienen.
Keystone/EPA/Christophe Petit Tesson
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Legende:
Sergej Milinković-Savić kehrt Europa den Rücken zu: Seit Jahren wurde der hochbegabte Mittelfeld-Motor von Lazio Rom mit Topclubs in Verbindung gebracht. Nun wechselt der serbische Nationalspieler im besten Fussballalter von 28 zu Al-Hilal.
Keystone/EPA/Angelo Carconi
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Legende:
Auch den portugiesischen Nationalspieler Ruben Neves zieht es in relativ jungen Jahren nach Saudi-Arabien. Beim englischen Mittelfeld-Club Wolverhampton stieg der heute 26-Jährige zu einem der besten Mittelfeldspieler der Premier League auf. Nach Spekulationen über einen Transfer zu Barcelona wechselte er stattdessen zu Al-Hilal.
Keystone/AP/Francisco Seco
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Legende:
Jordan Henderson spielt künftig bei Al-Ettifaq, das von Liverpool-Legende Steven Gerrard trainiert wird. Sein langjähriger Trainer Jürgen Klopp (rechts) bedauert den Abgang. «Es ist traurig, absolut seltsam, weil er der einzige Kapitän ist, den ich in Liverpool hatte. Aber so ist der Fussball.»
Keystone/EPA/Ronald Witteck
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Legende:
Mit gewaltigen Ambitionen wechselte der senegalesische Stürmerstar Sadio Mané letztes Jahr von Liverpool nach Bayern München. Nach einer durchzogenen Saison samt hartnäckiger Verletzung und einer Ohrfeige für einen Mitspieler heuert er nun beim Ronaldo-Club Al-Nassr an.
Keystone/DPA/Sven Hoppe
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Legende:
Der brasilianische Offensivspieler Roberto Firmino gewann mit Liverpool die Champions League und die englische Meisterschaft. Damit schoss er sich in die Ahnengalerie des legendären Clubs. Nun lässt er seine Karriere bei Al-Ahli ausklingen.
Keystone/AP/Scott Heppel
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Legende:
Marco Verratti (30) wechselt nach elf Jahren von Paris Saint-Germain zu Al-Hilal. Der Italiener gilt als begnadeter Fussballer und war jahrelang das Metronom des französischen Hauptstadtclubs, der international höchste Ambitionen verfolgt.
Keystone/EPA/Sebastien Nogier
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Legende:
Mit Riyad Mahrez (32) verlässt ein weiterer Star die englische Premier League. Der Algerier wechselt von Champions-League-Sieger Manchester City zu Al-Ahly.
Keystone/EPA/Antonio Calanni
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Legende:
Einen weiteren prominenten Neuzugang hat Anfang Juni der saudische Meister Al-Ittihad verkündet: Der Club verpflichtet N’Golo Kanté (32) von Chelsea. Der französische Weltmeister von 2018 soll umgerechnet 100 Millionen Franken im Jahr verdienen.
Keystone/AP/Kirsty Wigglesworth
Auch den italienischen Europameister Marco Verratti (30) zieht es in die Wüste. Für ein Jahresgehalt von 50 Millionen Euro. «Er wird ein sehr reicher Mann sein, aber er wird niemals ein Champion sein», kommentierte sein ehemaliger Berater den Wechsel von Paris Saint-Germain zu Al-Hilal.
Liverpool verliert seinen langjährigen Captain Jordan Henderson (33). Der Engländer gehörte zu einer aussterbenden Spezies im Profifussball: rustikal, zutiefst verbunden mit seinem Stammclub und frei von Starallüren. Der deutsche Ex-Profi Thomas Hitzlsperger, der sich nach seiner aktiven Karriere zu seiner Homosexualität bekannte, kritisierte Henderson: «Ich dachte, er sei ein Verbündeter der LGBTQ-Community. Wie dumm von mir.»
Ebenfalls von Liverpool kommt der Brasilianer Fabinho. Sein neuer Club Al-Ittihad präsentierte ihn mit dem Club-Maskottchen – einem angeketteten Tiger.
Unverblümt gab sich Kalidou Koulibaly, der von Chelsea nach Saudi-Arabien geht: «Ich kann es nicht leugnen. Ich werde meiner ganzen Familie, von meinen Eltern bis zu meinen Cousins, zu einem guten Leben verhelfen können.» Zudem wolle er in seiner Heimat Senegal ein Spital bauen.
Nicht alle folgen dem Lockruf
Angesichts der schwindelerregenden Gehälter ist es nachvollziehbar, dass sich die Stars ihre Karriere vergolden lassen. Umso ehrenwerter ist es da, wenn einige von ihnen ihre sportlichen Ambitionen voranstellen. Ein prominentes Beispiel ist Kylian Mbappé. Der vielleicht beste Fussballer der Gegenwart lehnte nach Medienberichten ein Angebot von 700 Millionen Euro ab – wohlgemerkt für ein Jahr.
Gegen einen Wechsel nach Saudi-Arabien entschied sich auch Lionel Messi. Der siebenfache Weltfussballer bevorzugt die Nestwärme beim Beckham-Club Inter Miami. In der US-Metropole leben viele seiner argentinischen Landsleute, der Weg in die Heimat ist (relativ) kurz.
Legende:
Cristiano Ronaldo konnte sich eine Spitze an die Adresse seines ewigen Rivalen Lionel Messi nicht verkneifen: «Die saudische Liga ist besser als die amerikanische», frotzelte er Richtung Florida.
Keystone/AP/Francisco Seco /Archiv)
Auch Marko Arnautovic hat derzeit kein Interesse, seine Karriere in der Wüste ausklingen zu lassen. Den Gerüchten erteilte er eine Absage – er bleibt in Italien. Der exzentrische Stürmer schnauzte einst bei einer Verkehrskontrolle in Österreich einen Polizeibeamten an: «Du hast mir gar nichts zu sagen. Ich verdiene so viel, ich kann dein Leben kaufen.» Die Petrodollars hätten das Vorhaben definitiv erleichtert.
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