Die Affichen lesen sich wie das Halbfinale der Champions League: Sadio Mané, Cristiano Ronaldo und Marcelo Brozovic treten gegen Karim Benzema, Fabinho und N’Golo Kanté an. So manch virtuose Ballstafette dürfte aber am Unvermögen der Mitspieler scheitern: Denn auf dem Feld duellieren sich nicht Real Madrid und Liverpool, sondern Al-Nassr und Ittihad aus der Saudi Pro League.
Der Marktwert der meisten Spieler bewegt sich im Rahmen eines Tagesgehalts von Ronaldo und Benzema: Die beiden verdienen jährlich 200 Millionen Franken – rund 550'000 Franken in 24 Stunden.
Den Scheichs auf der Tribüne dürfte es egal sein, wenn mal ein Ball ins Aus kullert. Sie sonnen sich im Glanz der modernen Gladiatoren. Brot und Spiele fürs Volk. Und betreiben, wie Menschenrechtsorganisationen monieren, «Sportswashing», mit dem der ramponierte Ruf im Ausland verbessert werden soll.
Der 35-jährige Benzema geht mit reinem Gewissen in die fussballerische Frührente. «Ich bin ein Moslem, und dies ist ein muslimisches Land. Ich wollte immer hier leben», erklärte der amtierende Weltfussballer.
Das sind die Stars der Saudi Pro League:
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Bild 1 von 10. Cristiano Ronaldo (rechts) und Karim Benzema (links) reihten bei Real Madrid einen Champions-League-Titel an den anderen. Nach seinem langjährigen Weggefährten wechselt auch der Franzose nach Saudi-Arabien. In ihrem Gefolge zieht es nun weitere europäische Stars in die Saudi Pro League. Bildquelle: Getty Images/Matthew Ashton.
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Bild 2 von 10. Auch Neymar kickt künftig in Saudi-Arabien: Der teuerste Spieler der Welt verlässt Paris Saint-Germain nach sechs Jahren und wechselt zu Al-Hilal in die Hauptstadt Riad. Dort wird der Brasilianer rund 100 Millionen Euro pro Jahr verdienen. Bildquelle: Keystone/EPA/Christophe Petit Tesson.
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Bild 3 von 10. Sergej Milinković-Savić kehrt Europa den Rücken zu: Seit Jahren wurde der hochbegabte Mittelfeld-Motor von Lazio Rom mit Topclubs in Verbindung gebracht. Nun wechselt der serbische Nationalspieler im besten Fussballalter von 28 zu Al-Hilal. Bildquelle: Keystone/EPA/Angelo Carconi.
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Bild 4 von 10. Auch den portugiesischen Nationalspieler Ruben Neves zieht es in relativ jungen Jahren nach Saudi-Arabien. Beim englischen Mittelfeld-Club Wolverhampton stieg der heute 26-Jährige zu einem der besten Mittelfeldspieler der Premier League auf. Nach Spekulationen über einen Transfer zu Barcelona wechselte er stattdessen zu Al-Hilal. Bildquelle: Keystone/AP/Francisco Seco.
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Bild 5 von 10. Jordan Henderson spielt künftig bei Al-Ettifaq, das von Liverpool-Legende Steven Gerrard trainiert wird. Sein langjähriger Trainer Jürgen Klopp (rechts) bedauert den Abgang. «Es ist traurig, absolut seltsam, weil er der einzige Kapitän ist, den ich in Liverpool hatte. Aber so ist der Fussball.». Bildquelle: Keystone/EPA/Ronald Witteck.
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Bild 6 von 10. Mit gewaltigen Ambitionen wechselte der senegalesische Stürmerstar Sadio Mané letztes Jahr von Liverpool nach Bayern München. Nach einer durchzogenen Saison samt hartnäckiger Verletzung und einer Ohrfeige für einen Mitspieler heuert er nun beim Ronaldo-Club Al-Nassr an. Bildquelle: Keystone/DPA/Sven Hoppe.
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Bild 7 von 10. Der brasilianische Offensivspieler Roberto Firmino gewann mit Liverpool die Champions League und die englische Meisterschaft. Damit schoss er sich in die Ahnengalerie des legendären Clubs. Nun lässt er seine Karriere bei Al-Ahli ausklingen. Bildquelle: Keystone/AP/Scott Heppel.
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Bild 8 von 10. Marco Verratti (30) wechselt nach elf Jahren von Paris Saint-Germain zu Al-Hilal. Der Italiener gilt als begnadeter Fussballer und war jahrelang das Metronom des französischen Hauptstadtclubs, der international höchste Ambitionen verfolgt. Bildquelle: Keystone/EPA/Sebastien Nogier.
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Bild 9 von 10. Mit Riyad Mahrez (32) verlässt ein weiterer Star die englische Premier League. Der Algerier wechselt von Champions-League-Sieger Manchester City zu Al-Ahly. Bildquelle: Keystone/EPA/Antonio Calanni.
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Bild 10 von 10. Einen weiteren prominenten Neuzugang hat Anfang Juni der saudische Meister Al-Ittihad verkündet: Der Club verpflichtet N’Golo Kanté (32) von Chelsea. Der französische Weltmeister von 2018 soll umgerechnet 100 Millionen Franken im Jahr verdienen. Bildquelle: Keystone/AP/Kirsty Wigglesworth.
Auch den italienischen Europameister Marco Verratti (30) zieht es in die Wüste. Für ein Jahresgehalt von 50 Millionen Euro. «Er wird ein sehr reicher Mann sein, aber er wird niemals ein Champion sein», kommentierte sein ehemaliger Berater den Wechsel von Paris Saint-Germain zu Al-Hilal.
Liverpool verliert seinen langjährigen Captain Jordan Henderson (33). Der Engländer gehörte zu einer aussterbenden Spezies im Profifussball: rustikal, zutiefst verbunden mit seinem Stammclub und frei von Starallüren. Der deutsche Ex-Profi Thomas Hitzlsperger, der sich nach seiner aktiven Karriere zu seiner Homosexualität bekannte, kritisierte Henderson: «Ich dachte, er sei ein Verbündeter der LGBTQ-Community. Wie dumm von mir.»
Ebenfalls von Liverpool kommt der Brasilianer Fabinho. Sein neuer Club Al-Ittihad präsentierte ihn mit dem Club-Maskottchen – einem angeketteten Tiger.
Unverblümt gab sich Kalidou Koulibaly, der von Chelsea nach Saudi-Arabien geht: «Ich kann es nicht leugnen. Ich werde meiner ganzen Familie, von meinen Eltern bis zu meinen Cousins, zu einem guten Leben verhelfen können.» Zudem wolle er in seiner Heimat Senegal ein Spital bauen.
Nicht alle folgen dem Lockruf
Angesichts der schwindelerregenden Gehälter ist es nachvollziehbar, dass sich die Stars ihre Karriere vergolden lassen. Umso ehrenwerter ist es da, wenn einige von ihnen ihre sportlichen Ambitionen voranstellen. Ein prominentes Beispiel ist Kylian Mbappé. Der vielleicht beste Fussballer der Gegenwart lehnte nach Medienberichten ein Angebot von 700 Millionen Euro ab – wohlgemerkt für ein Jahr.
Gegen einen Wechsel nach Saudi-Arabien entschied sich auch Lionel Messi. Der siebenfache Weltfussballer bevorzugt die Nestwärme beim Beckham-Club Inter Miami. In der US-Metropole leben viele seiner argentinischen Landsleute, der Weg in die Heimat ist (relativ) kurz.
Auch Marko Arnautovic hat derzeit kein Interesse, seine Karriere in der Wüste ausklingen zu lassen. Den Gerüchten erteilte er eine Absage – er bleibt in Italien. Der exzentrische Stürmer schnauzte einst bei einer Verkehrskontrolle in Österreich einen Polizeibeamten an: «Du hast mir gar nichts zu sagen. Ich verdiene so viel, ich kann dein Leben kaufen.» Die Petrodollars hätten das Vorhaben definitiv erleichtert.