In Nordkorea werden derzeit die Weichen für die nähere Zukunft gestellt: Seit Mittwoch tagt dort der Volkskongress, das nordkoreanische Parlament. Entscheidungsmacht hat der Volkskongress keine – aber er kann Signale senden. Etwa, wie sich Kim das künftige Verhältnis zu den USA und Trump vorstellt. Mehr dazu weiss der China-Korrespondent von Radio SRF, Samuel Emch.
Ist der Zeitpunkt des Volkskongresses – Trump ist gerade US-Präsident geworden – Zufall?
Derzeit weiss man noch gar nicht, ob diese «Oberste Volksversammlung», wie die zweitägige Parlamentssitzung offiziell genannt wird, überhaupt stattfindet. Sicher aber ist: Es wäre tatsächlich die wichtigste Veranstaltung, an der Pjöngjang erste Signale Richtung der neuen Regierung Trump in Washington senden könnte. Kim hatte die Volksversammlung jedenfalls auch während Trumps erster Amtszeit dazu benutzt.
Wie positioniert sich Kim aktuell zu Trump?
Kim gibt sich bedeckt, zeigt Trump die kalte Schulter. Es scheint so, als dass Kim gekränkt sei, weil die USA die Verhandlungen während der ersten Amtszeit Trumps haben fallen lassen. Insbesondere das gescheiterte Treffen von Kim und Trump vom Februar 2019 in Vietnam, das sehr abrupt endete, war ein Gesichtsverlust für Kim. Entsprechend vorsichtig und distanziert ist man in Pjöngjang immer noch. Und so haben die staatlich kontrollieren Medien in Nordkorea kaum über Trumps Wahlsieg berichtet. Hingegen hat Nordkorea in den letzten Monaten mehrere Raketentests durchgeführt. Sie können durchaus als Signal interpretiert werden. Aufgenommen wurde die Inauguration Trumps in den nordkoreanischen Medien und dabei vor allem Trumps Aussage von «guten Beziehungen mit Kim».
Was bedeutet das für die Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea?
Südkorea hatte bei der Annäherung zwischen den USA und Nordkorea unter Trump eine gewisse Vermittlerrolle eingenommen. Doch inzwischen hat Südkorea mit Yoon Suk Yeol einen Nordkorea-kritischen Präsidenten, der sich zudem mit einem Impeachment-Prozess konfrontiert sieht. Derzeit scheint Südkorea also nicht wieder eine Rolle spielen zu können, falls die Kontakte zwischen Kim und Trump tatsächlich wieder aufgenommen werden. Und so wird derzeit darüber spekuliert, dass die USA womöglich direkt mit Nordkorea verhandeln könnten, ohne Umweg über Seoul oder Peking.
Was ist vom neuen US-Aussenminister Rubio zu erwarten?
Marco Rubio hat bei der Befragung im US-Senat zwar vor einem «unbeabsichtigten Krieg» zwischen Nordkorea und den USA gewarnt. Er will die Beziehungen deshalb «besser abstützen». Allerdings blieb Rubio wenig konkret, es blieb unklar, wie die Beziehungen zwischen den USA und Nordkorea seiner Meinung nach tatsächlich aussehen sollten. Deshalb kann sich Pjöngjang auch nicht auf seine Aussagen stützen. Klar aber ist: Kim will die Sanktionen loswerden. Das ist sein grosses Ziel.