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Abkommen USA-EU «Trump hat die Notbremse gezogen»

Handelskrieg ist schlecht vor den Wahlen. Doch wohin der Weg führt, sei offen, sagt NZZ-Korrespondent Peter Winkler.

Mit einem dicken Männerkuss des EU-Kommissionspräsidenten Juncker auf die Wange von Donald Trump wurde der Deal besiegelt und das Handels-Kriegsbeil zwischen der EU und den USA begraben - für den Moment auf jeden Fall. Es herrsche eine spürbare Erleichterung über die momentane Deeskalation, sagt NZZ-Korrespondent Peter Winkler in Washington.

Peter Winkler

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Peter Winkler berichtet als Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung NZZ aus Washington über die Vereinigten Staaten.

SRF News: Haben Sie mit so einem Ausgang gerechnet?

Peter Winkler: Mit diesem Ausgang hat wohl fast niemand gerechnet. Man ist hier auch wirklich überrascht, weil im Vorfeld die Stimmung nochmals angeheizt wurde. Dann waren alle erstaunt, dass Trump jetzt einmal die Pausentaste gedrückt hat.

Warum hat Trump jetzt diesen Schritt unternommen?

Er hat wohl die Notbremse gezogen. Denn sein Zug mit drohenden Handelskriegen an allen Fronten ist mit zunehmender Geschwindigkeit in eine unsichere und nicht sehr vielversprechende Richtung gebraust. Die eigenen Parteileute wie auch Wirtschaftskreise machten ihm klar, dass man im Vorfeld von Wahlen nicht sämtliche «Selling Points» aufgeben kann – also alle guten Argumente, warum man Republikaner wählen sollte.

Spielte auch eine Rolle, dass es die EU war und nicht China?

Davon gehe ich aus. Sehr wichtig in diesem Chor von warnenden Stimmen war der Aufruf, einen Unterschied zwischen Verbündeten und Gegnern zu machen. Um mit China als wichtigstem Problem Fortschritte zu erzielen, brauche es eine Zusammenarbeit mit Freunden und Partnern, wurde gewarnt. Bei einem Handelskrieg gegen alle und jeden sei jedoch die Gefahr gross, nirgends wirklich weit zu kommen.

Könnten die EU und die USA jetzt das unter Obama geplante Freihandelsabkommen TTIP hervorholen und die Steuern auf null senken.

Das glaube ich nicht. Die Idee eines Freihandels zwischen den USA und Europa ist schon älter. Das wirkliche Problem bei TTIP waren die nichttarifären Handelshemmnisse, also etwa die Normen und die Frage der Schiedsgerichte. Zu erinnern ist etwa an die Chlorhühnchen, denn die Europäer wollen kein Poulet essen, das vorher entsprechend behandelt worden war. Die Zölle dagegen könnten wahrscheinlich relativ schnell erledigt werden.

Aber es geht den Parteien ja vor allem darum, Zölle zu senken und Exportsubventionen zu streichen?

Aus diesem Grund bin ich auch noch skeptisch, ob das jetzt wirklich das Ei des Kolumbus gefunden worden ist. Wo das genau hinführt und was schliesslich erreicht wird, kann niemand sagen.

Treffen Trump/Juncker.
Legende: Die EU und die USA wollen jetzt Gespräche über die Abschaffung von Zöllen auf Industriegüter führen. Keystone/Archiv

In Europa gibt es bereits erste kritische Stimmen. Wie ist das Echo in den USA?

Das Grundgefühl ist zurzeit wirklich Erleichterung, dass eine Eskalation vorderhand vermieden werden kann. Man will vermutlich bei diesem Präsidenten jetzt noch nicht allzu schnell in die Details gehen. Denn er ist bekannt dafür, dass er seine Meinung ändern kann, wenn er etwas zugeflüstert bekommt oder auf Fox News etwas sieht. Dazu kommt: Die Leute, die ihm zu diesen Handelskriegen geraten haben, sind ja allesamt noch da.

Das Gespräch führte Beat Soltermann.

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