Nach monatelangen Protesten ist Präsident Aslan Bschania zurückgetreten. Ein geplantes Gesetz hatte die Leute auf die Strasse getrieben. Dieses hätte neu ausländischen – vor allem russischen – Firmen erlaubt, an der Küste Hotels zu bauen.
«Die Einheimischen haben nicht das Geld, sich ein Haus am Meer zu bauen», sagt Daur Buawa. Er ist ein bekannter abchasischer Blogger, der heute in Georgien wohnt. Sie hätten kleine Unternehmen aufgebaut, um vom Tourismus zu leben. «Und jetzt haben sie Angst, dass russische Oligarchen die Küste übernehmen und sie verdrängen.»
Die Angst vor Verdrängung ist in Abchasien tief verwurzelt. In den 1990er-Jahren spalteten sich die Abchasen mit der Hilfe Russlands in einem blutigen Krieg von Georgien ab. Die Gräueltaten, begangen von allen Parteien, prägen Georgien und Abchasien bis heute.
Von Moskau finanziertes Gebiet
Ein grosser Teil der ethnisch georgischen Bevölkerung wurde aus Abchasien vertrieben. Trotzdem stellen ethnische Abchasinnen und Abchasen neben Georgiern, Russen und Armeniern nur etwa ein Drittel der Bewohner.
Abchasien ist eine Pseudo-Republik von Moskaus Gnaden. Russische Truppen halten das Gebiet besetzt, der Kreml finanziert den Staat mit jährlichen Millionenzahlungen.
Entsprechend verlangt Russland Gehorsam: Abchasischen Regierungen sind die Hände weitgehend gebunden. «Regierung und Opposition unterscheiden sich kaum», sagt der georgische Ex-«Versöhnungsminister» Paata Sakareischwili. «Es sind zwei Strömungen derselben Elite.»
Kampf um das Geld aus dem Kreml
Was den Wettbewerb in der abchasischen Politik antreibt, ist der Kampf um die Gelder aus Moskau: «Die russischen Subventionen landen in den Taschen der Elite», sagt der Blogger Daur Buawa. «Falls die Opposition jetzt an die Macht kommt, wird sie genau dieselbe prorussische Politik machen.»
Buawa setzt sich für einen Dialog mit Georgien ein. Er sieht die Zukunft Abchasiens als Teil Georgiens, mit breiter Autonomie. Viele in seiner Heimat, so glaubt er, wollten nicht mehr von Russland abhängig sein.
«Die Proteste waren auch gegen Russland gerichtet», ist Buawa überzeugt. «Das Wichtigste ist für uns, unsere Kultur und Sprache zu bewahren. Aber unsere Verfassung, Parlamentsdebatten und Bildung sind fast nur auf Russisch.»
Doch das Misstrauen gegenüber Georgien ist gross. Viele in Abchasien bevorzugen die Scheinunabhängigkeit unter Russland. Und die Elite will den Status Quo mit Moskaus Geldregen beibehalten, statt diesen mit russischen Tourismus-Oligarchen zu teilen.
Im Frühling wird neu gewählt
Die Proteste könnten Abchasiens Anführer jetzt in Moskau als Argument verwenden, sagt der ehemalige georgische Minister Paata Sakareischwili. «Sie können jetzt zu Putin gehen und sagen; ‹Das Volk will dieses Gesetz nicht. Aber wir sind nicht gegen Russland, nur gegen die Oligarchen.› Natürlich sind die Oligarchen und der Kreml ein und dasselbe. Aber Russland ist mit der Ukraine beschäftigt und könnte zumindest vorübergehend einlenken.»
Ob das gelingt, wird sich im Frühjahr zeigen, nach der vorgezogenen Präsidentenwahl in Abchasien. Der geschasste Präsident, Aslan Bschania, scheint sich jedenfalls Hoffnungen zu machen. Er stellt sich erneut zur Wahl.