Seit 2015 herrscht in Jemen Krieg. Nun könnte Bewegung in die Sache kommen. Die Vereinigten Arabischen Emirate VAE sollen einen Teil ihrer Truppen in Jemen abgezogen haben. Dort unterstützen sie mit Saudi-Arabien die Sunniten im Kampf gegen die schiitischen Houthi-Rebellen. Ihnen wiederum steht Iran zur Seite. Der Abzug der VAE könnte die Lage in Jemen komplett verändern, weiss Sicherheitsexperte Guido Steinberg.
SRF News: Weshalb ziehen sich die VAE aus dem Konflikt zurück?
Guido Steinberg: Zum einen erklären westliche Diplomaten, dass sich das Verhältnis zu Iran verschlechtert habe. Die Truppen werden zurückgezogen, um in den Emiraten genügend Militär zur Verfügung zu haben. Emiratische Politiker erklären zudem, dass man in Jemen einige der Ziele erreicht habe und sich nun zurückziehen wolle.
Welche Ziele hat man denn erreicht?
Die Saudis sind vor allem für den Luftkrieg im Norden zuständig, welcher weitgehend erfolglos ist. Die Emiratis aber haben gemeinsam mit jemenitischen Bündnispartnern grosse Teile im Süden des Landes unter ihrer Kontrolle, vor allem die grossen Häfen.
Die Emirate sind der aktivere und militärisch effektivere Teil dieser Allianz.
Das scheint eines der Interessen der Emiratis gewesen zu sein. Die Kontrolle über die Perlenkette von Häfen von der omanischen Grenze bis zur Meerenge von Bab el-Mandeb zu erlangen.
Schwächt der Rückzug der VAE die von Saudi-Arabien geführte Militärallianz?
Ganz enorm. Die Emirate haben mit 63’000 Mann ein kleines Militär, es wird aber seit 2003–2004 effektiv gefördert. Die Emirate sind der aktivere und militärisch effektivere Teil dieser Allianz.
Sie haben es geschafft, zusammen mit südjemenitischen Milizen, vor allem separatistischen Gruppierungen, wirkungsvolle Streitkräfte aufzubauen. Die Saudis sind, obwohl grösser, nicht in der Lage, diesen Krieg zu führen.
Ein Regierungsvertreter der VAE erklärte, dass man im Jemen nun für den Frieden eintreten wolle. Ist das glaubhaft?
Wenn man bedenkt, dass die Emirate diesen Krieg 2015 wahrscheinlich sogar begonnen haben, sind die Worte etwas zynisch. Es hat aber Friedensverhandlungen und einen Waffenstillstand in der Hafenstadt Hudeida gegeben, der halbwegs hält.
Das saudische Militär ist nicht in der Lage, einen Bodenkrieg zu führen.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Jemeniten, da sie Hafenstädte im Süden kontrollieren und wichtige Verbündete im Süden haben, den Konflikt nun beenden wollen.
Nehmen wir an, die Emirate ziehen sich tatsächlich aus dem Jemen zurück. So würden sich nach wie vor Saudi-Arabien auf der einen Seite und Iran auf der anderen Seite gegenüberstehen. Was würde sich denn konkret ändern?
Die Saudis hätten nicht mehr die Möglichkeit, neuen Boden zu gewinnen, da sie diesen Krieg vor allem aus der Luft führen. Das saudische Militär ist nicht in der Lage, einen Bodenkrieg zu führen. Über Jahrzehnte wurde es lediglich darauf ausgelegt, die Herrscherfamilie zu schützen.
Ist ein ernsthafter Friedensprozess möglich?
Das Ziel der Saudis war stets, die Huthi-Rebellen im Norden aus der Hauptstadt zu vertreiben und zu entwaffnen. Davon sind sie weiter entfernt denn je. Aus saudischer Sicht ist die Situation im Norden absolut unhaltbar und es ist unklar, wie sie reagieren werden.
Versuchen sie, andere Verbündete zu gewinnen? Versuchen Sie mit Geld, Bodentruppen aus anderen Ländern herbeizuführen? Ich denke, dass die Saudis ohne emiratische Unterstützung nicht mehr in der Lage sein werden, diesen Krieg so fortzuführen wie bisher.
Das Gespräch führte Hans Ineichen.