- Die Balkanstaaten näher an die Europäische Union heranführen: Das ist das Ziel des sogenannten «Berlin-Prozesses», der vor zehn Jahren ins Leben gerufen wurde.
- Aktuell treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Westbalkanstaaten in Berlin wieder mit Vertreterinnen und Vertretern der EU – zum Jubiläums-Gipfel also.
- Bei dem Gipfel wurden ein Aktionsplan für einen gemeinsamen regionalen Markt sowie ein neues Mobilitätsabkommen, bei dem es um den Zugang zur Hochschulbildung geht, unterzeichnet
Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet schnellere Fortschritte bei der Heranführung der sechs Staaten des westlichen Balkans (Serbien, Kosovo, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Nordmazedonien) an die EU. «Ich hoffe, dass es nicht noch einmal zehn Jahre braucht, bis alle sechs Staaten endlich zu EU-Mitgliedern geworden sind», sagte Scholz in Berlin am Rande des sogenannten Westbalkan-Gipfels. Er gab dort eine gemeinsame Pressekonferenz mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
«Es ist uns gelungen, etwas zu schaffen, das ich den Geist von Berlin nennen würde», sagte Scholz. Er setzte sich erneut für eine möglichst schnelle Aufnahme der Länder in die EU ein. «Die Europäische Union ist erst vollständig, wenn der Westbalkan Teil von ihr ist.»
Balkanstaaten sind frustriert – wegen möglichem Beitritt der Ukraine
Die EU hatte den sechs Westbalkanstaaten 2003 den Beitritt zur EU in Aussicht gestellt. Im Verfahren sind sie jedoch unterschiedlich weit. Der Frust der Balkanstaaten ist mitunter gross – zumal die Ukraine und Moldau infolge des russischen Angriffskriegs im Rekordtempo zu Beitrittskandidaten gemacht wurden.
Als konkrete Erfolge des «Berlin Prozesses» der letzten zehn Jahre nannte der deutsche Kanzler mehrere Abkommen zur Verbesserung der Mobilität zwischen den sechs Ländern, die Senkung von Roaming-Gebühren, Studierendenaustausch und eine regionale Klimapartnerschaft zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien. Der Prozess war 2014 unter der damaligen deutschen Kanzlerin Angela Merkel angestossen worden. Seitdem finden jährlich Gipfeltreffen statt.
Scholz spricht von «Durchbruch»
Die diesjährige Konferenz läuft unter günstigen Vorzeichen, weil vor wenigen Tagen unter deutscher Vermittlung eine jahrelange Blockade des Freihandelsabkommens Cefta der sechs Staaten gelöst werden konnte. «Das ist nichts Geringeres als ein Durchbruch für die regionale Zusammenarbeit», sagte Scholz.
Von der Leyen sprach von einem erfolgreichen Treffen. Die Erweiterung der EU habe anders als vor zehn Jahren Priorität, allerdings würden Lektionen aus dem Jahr 2004 und der damaligen Erweiterungsrunde beachtet. Sie nannte Respekt für Demokratie und den Rechtsstaat sowie die Werte der EU. Von der Leyen betonte zudem die Bedeutung der wirtschaftlichen Integration und Zusammenarbeit.
Konflikte erschweren Zusammenarbeit
Scholz machte in seinem Statement deutlich, dass die Staaten nur gemeinsam der Europäischen Union beitreten könnten. Immer noch würden Konflikte der Vergangenheit die Zusammenarbeit heute erschweren, sagte Scholz. Er kritisierte, dass der Dialog zur Normalisierung zwischen Serbien und dem Kosovo nicht zufriedenstellend laufe.
Auch in anderen Ländern müsse man nationalistische, spaltende Rhetorik feststellen. Das sei eine Gefahr für das Zusammenwachsen und Zusammenleben in Frieden und Wohlstand.