Die Abgeordneten der Nationalversammlung sowie die Senatorinnen und Senatoren haben mit 780 gegen 72 Stimmen den freiwilligen Schwangerschaftsabbruch in der französischen Verfassung verankert.
Folgender Satz wird neu als Artikel 34 ins Grundgesetz eingefügt: «Das Gesetz bestimmt die Bedingungen, unter denen die der Frau garantierte Freiheit, einen freiwilligen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen, ausgeübt wird».
Premierminister Gabriel Attal sprach von einer «moralischen Schuld» gegenüber allen Frauen, die gelitten hätten, weil sie illegal abgetrieben haben. Er freue sich über den «erfolgreichen Abschluss eines langen Kampfes».
Dieser «grundlegenden Schritt werde in die Geschichte eingehen», sagte Attal und erinnerte daran, dass das Recht auf freiwilligen Schwangerschaftsabbruch weiterhin «in Gefahr» und «der Gnade derer ausgeliefert ist, die darüber entscheiden».
Bei der Bekanntgabe des Abstimmungsresultats ertönte im Salon «Aile du Midi» im Schloss von Versailles langer Beifall, der von der Präsidentin der Nationalversammlung, Yael Braun-Pivet, eingeleitet wurde.
Zur gleichen Zeit brach auf dem Place du Trocadéro in Paris Freude aus. Tausende hatten sich vor einem riesigen Bildschirm versammelt, der die Beratung aus Versailles live zeigte. Dann begann der Eiffelturm zur Feier des Ereignisses mit einer Projektion zu leuchten, mit der Inschrift «Mon corps, mon choix» (Mein Körper, meine Wahl).
Kritik am politischen Akt
Während der Abstimmung versammelten sich mehrere Hundert Abtreibungsgegner in der Nähe von Versailles, um gegen die Verfassungsänderung zu protestieren.
Auch die katholische Kirche übte Kritik. Die Päpstliche Akademie für das Leben teilte mit: «Im Zeitalter der universellen Menschenrechte kann es kein ‹Recht› geben, menschliches Leben zu vernichten.»
Und Marine Le Pen vom Rassemblement National sagte, Macron wolle mit der Verfassungsänderung nur politisch Punkte holen, weil das Recht auf Abtreibung im ganzen Land unterstützt werde.
«Wir haben kein Problem damit, dies in die Verfassung aufzunehmen», sagte sie vor der Abstimmung. Aber es sei völlig übertrieben, dies als historischen Schritt zu bezeichnen, denn «niemand setzt das Recht auf Abtreibung in Frankreich infrage».
Pascale Morinière, Ärztin und Präsidentin der Vereinigung katholischer Familien betonte, es bestehe keine Notwendigkeit, das Recht auf Abtreibung in die Verfassung zu schreiben.
Zu der Debatte in Frankreich sei es gekommen, weil die USA dieses Recht mit der Aufhebung des Urteils Roe v. Wade aufgehoben hätten. «Es gab einen Panikeffekt durch feministische Bewegungen, die dies in den Marmor der Verfassung eingravieren wollten», sagte Morinière.
Bereits seit 1975 sind Abtreibungen bis zur zehnten Schwangerschaftswoche in Frankreich straffrei. Mittlerweile können Schwangere in Frankreich bis zur 14. Woche abtreiben, die Kosten übernimmt die Krankenkasse.
Französischer Stolz
«Französischer Stolz, universelle Botschaft.» Mit diesen Worten begrüsste Staatspräsident Emmanuel Macron die Abstimmung des Kongresses.
«Feiern wir gemeinsam die Aufnahme einer neuen garantierten Freiheit in die Verfassung durch die erste öffentlich zugängliche Siegelungszeremonie unserer Geschichte. Wir sehen uns an diesem 8. März, dem Internationalen Tag der Frauenrechte», schrieb Emmanuel Macron auf X.