- In Tunesien ist der Chef der Oppositionspartei verhaftet worden.
- Rached Ghannouchi sei an einen unbekannten Ort gebracht worden, teilte seine Partei mit, die islamistische Ennahda.
- Die Staatsanwaltschaft ermittle gegen Ghannouchi wegen «aufrührerischer Äusserungen», so die Polizei.
- Neben Ghannouchi nahm die Polizei drei weitere prominente Funktionäre der Ennahda fest, wie Vertreter der grössten Oppositionspartei mitteilten.
Laut Vertretern der Ennahda hätten Sicherheitskräfte mit einer Durchsuchung der Parteizentrale begonnen und alle Anwesenden des Gebäudes verwiesen. In sämtlichen Büros der Partei seien Zusammenkünfte verboten worden.
Auch die Zentrale des Oppositionsbündnisses Nationale Heilsfront, das aus Parteien und Protestgruppen besteht, wurde geschlossen, wie Partei- und Behördenvertreter der Nachrichtenagentur Reuters mitteilten.
Verhaftungswelle erreicht neuen Höhepunkt
Zuvor hatte ein ranghoher Polizeibeamter mitgeteilt, Parteichef Ghannouchi sei zum Verhör vorgeladen und sein Haus durchsucht worden.
Mit der Festnahme Ghannouchis hat die Verhaftungswelle von Oppositionellen in Tunesien einen neuen Höhepunkt erreicht. Treibende Kraft ist Präsident Kais Saied. Er hatte 2021 das Parlament entmachtet und die Regierung durch von ihm ausgesuchte Minister ersetzt.
Zudem vergrösserte er die Befugnisse des Präsidenten, sodass inzwischen fast alle Macht in seinen Händen liegt.
Opposition fürchtet sich vor Autokratie
Die Gegner von Präsident Kais Saied befürchten, Saied wolle den letzten demokratischen Staat in Nordafrika in eine Autokratie verwandeln und die demokratischen Errungenschaften der Revolution des arabischen Frühlings vom Jahr 2011, der in Tunesien seinen Anfang nahm, zurückschrauben.
Der 81-jährige Ghannouchi war in den 1980er-Jahren ein politischer Gefangener und ging in den 1990-er Jahren ins Exil. Während der Revolution in Tunesien 2011 kehrte er in seine Heimat zurück.
Unter seiner Führung bewegte sich Ennahda in Richtung der politischen Mitte und trat mehreren Regierungskoalitionen mit säkularen Parteien bei. Nach den Wahlen 2019 wurde er Parlamentspräsident.
Seine islamistische Ennahda ist die grösste Partei des Landes.