Zum Inhalt springen
Video
Russische Angriffe mit Kampfdrohnen auf Ukraine
Aus 10 vor 10 vom 18.10.2022.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 34 Sekunden.

Angriffe auf die Ukraine Kamikaze-Drohnen sind militärisch nutzlos – aber trotzdem wirksam

Russland feuert iranische Kamikaze-Drohnen auf die Ukraine ab. Sie sind billig, aber tödlich. Der Kreml setzt sie als Terrorwaffe ein.

Die Bezeichnung Kamikaze-Drohne ist irreführend. Anders als bei Japans Fliegerangriffen im Zweiten Weltkrieg lässt kein Pilot sein Leben. Denn es sitzt bei dieser Drohne gar niemand an Bord. Vernichtet wird am Ende hingegen die Waffe selber.

«Es handelt sich um Einwegdrohnen», sagt Dominika Kunertova, Drohnenexpertin beim ETH-Zentrum für Sicherheitsstudien: «Die von Russland abgefeuerten iranischen Schahed-136-Drohnen sind weder manövrierbar noch präzis.»

Billige Gefahr in Schwärmen

Doch weil die Drohnen pro Stück bloss um die 20'000 Schweizer Franken kosten, kann Moskau sie massenhaft einsetzen. Oft gleich in tieffliegenden Schwärmen – also mehrere Drohnen visieren gleichzeitig dasselbe Ziel an. «Das ukrainische Abwehrsystem wird so ausgetrickst und überfordert. Dennoch fangen Kiews Streitkräfte an guten Tagen manche ab», so Kunertova.

Dies bedeutet aber zugleich: Viele Drohnen gelangen ans Ziel. Diese sind selten militärische. Dafür ist die Drohne zu wenig effizient; man gewinnt mit ihnen keine Schlacht. Doch sie genügen, um Zivilpersonen zu töten und Infrastruktur zu zerstören: Wohnhäuser, Spitäler, Schulen, Strassen, Schienen. Zwar sind sie mit maximal 180 km/h recht langsam. Aber die Reichweite von 2500 Kilometern erlaubt den Drohnen problemlos, jede ukrainische Stadt zu attackieren.

Russland setzt auf Terror

Russland feuerte in den acht Monaten Krieg gegen die Ukraine bereits einen beträchtlichen Teil seiner Raketen ab. Vermutet wird etwa die Hälfte. Deshalb weicht man nun zum Teil auf Drohnenangriffe aus.

Die russische Drohnenproduktion jedoch kam weitgehend zum Erliegen. Wegen der westlichen Sanktionen fehlen wichtige Bestandteile. Das Putin-Regime setzt deshalb schlichte iranische Drohnen als Terrorwaffe ein, um die ukrainische Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen. 2400 Schahed-Drohnen hat Moskau im Sommer vom Iran gekauft. Dies streitet Teheran ab.

Schahed-136-Drohne fliegt in der Luft.
Legende: Die iranischen Schahed-136-Drohnen kosten mit 20'000 Schweizer Franken pro Stück vergleichsweise wenig. Reuters/Roman Petushkov

Weitere Käufe von Drohnen und Raketen sind offenbar im Gang. Denn trotz der Sanktionen gegen den Iran läuft die Produktion problemlos. Die Drohnen sind schlicht konzipiert; die meisten Bestandteile sind auf dem freien Markt erhältlich, oft gar online bestellbar.

Rauchwolken in der Luft nach einem Drohnenangriff.
Legende: Der Iran streitet die Drohnengeschäfte mit Moskau ab. «Diese Dementis sind völlig unglaubwürdig und längst widerlegt», sagt Kunertova. Reuters/Gleb Garanich

Auch die Ukraine besitzt Drohnen. Darunter ein paar wenige potente, mehrfach verwendbare und ausgefeilte türkische Bayraktar-Drohnen – mit Stückkosten von rund zwei Millionen Schweizer Franken jedoch recht teuer. Washington lieferte Kiew ein paar hundert Switchblade-Einwegdrohnen. Deren Reichweite ist weitaus geringer als die der iranischen.

Eine Bayraktar-Drohne steht ausgestellt. Sie sieht aus wie ein kleines Flugzeug.
Legende: Bayraktar-Drohnen gleichen eher einem Flugzeug und werden für gezielte Einsätze auf Russland genutzt. Reuters/Ints Kalnins

Die iranischen Billigdrohnen mit westlichen Luftabwehrmitteln auszuschalten, ist kein gangbarer Weg. Technisch elaborierte Systeme wie das norwegisch-amerikanische Nasams oder das deutsche Iris-T sind viel zu teuer und bei weitem nicht in der nötigen Zahl verfügbar, als dass die Abwehr hunderter simpler Drohnen infrage käme.

Lösung wäre vorhanden

Helfen könnte Israel, das mit iranischen Drohnen Erfahrung hat – doch die Regierung in Jerusalem will sich aus dem Krieg heraushalten. Am effizientesten liesse sich die Zivilbevölkerung schützen, wenn die Ukraine unverzüglich mit einer Vielzahl von Störsendern ausgerüstet würde.

In dem Moment, da Kiews Armee sie besässe, könnte sie einen Grossteil der mörderischen Schahed-Drohnenangriffe vereiteln. Also eine bescheidene Massnahme mit beträchtlicher Wirkung.

10vor10, 18.10.2022, 21:50 Uhr

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel