Vier Jungen sind auf dem Schulweg in der staubigen Kleinstadt Baidoa. Die Schulbücher haben sie teilweise unter ihre T-Shirts gesteckt. Zwei der Leibchen zeigen das Apple-Logo. Wenige Schritte weiter ein weiterer Knabe mit einem Apfel auf dem Shirt. Am Kiosk daneben kauft eine Frau ein - auch ihr gelbes Kopftuch ist gemustert mit dem Apple-Emblem.
Das Apple-Logo oder die Silhouette eines iPhones, inklusive Schriftzug, sind in Somalia unglaublich populär. In jedem Kleidergeschäft sind sie erhältlich. Rund zehn Franken verlangt der Verkäufer pro Stück. T-Shirts mit Markenlogos, das ist normal in Somalia: Nike, BMW, TikTok. Oder eben ein angebissener Apfel.
Solche Logos seien angesagt bei den Jungen, erklärt der Verkäufer. Doch wieso ausgerechnet Apple und iPhones? Reiche Leute in Somalia könnten sich eben ein iPhone leisten, so der Verkäufer. Wer arm ist, kauft zumindest ein T-Shirt.
Reichtum wird in Somalia gezeigt
Somalia ist ein Land der Gegensätze. Reiche Somali fahren in funkelnden Offroadern an Jungen mit Eselskarren vorbei. Reichtum wird gezeigt, erklärt die Analystin Samira Gaid - ebenfalls am iPhone: «Somalische Politiker verdienen gut, viele besitzen gar mehrere iPhones. Auch Influencer in den sozialen Medien zeigen gerne ihr iPhone als Statussymbol.»
Somalia habe sich gewandelt, erklärt Gaid: «Wir waren früher eine traditionelle Gesellschaft von Tierhaltern. Reichtum zeigte sich in der Zahl der Kühe, die jemand besass. Bei Frauen auch am Goldschmuck.»
Reichtum zeigte sich früher in der Zahl der Kühe, die jemand besass. Bei Frauen auch am Goldschmuck.
Was früher Goldschmuck und Kühe waren, ist heute das Handy. Die sozialen Medien haben vieles verändert: «Vor zehn Jahren noch kleideten sich Somali ziemlich konservativ. Doch unterdessen wissen die Jungen sehr gut, was im Westen angesagt ist.»
Träume auf T-Shirts für die Jungen in Flüchtlingslagern. Mittlerweile hat der Trend aber auch die Oberschicht erreicht. Samira Gaid erzählt, dass sich die Kinder ihrer Freundinnen Apple-Shirts wünschten – notabene in Familien, die sich iPhones leisten können.
«Sogar Islamisten tragen ein Symbol des Westens»
Gaid erklärt, wie sie vor einigen Monaten auf den Trend aufmerksam wurde: Bei Videos von getöteten Kämpfern der Terrormiliz Al-Shabaab – die eigentlich alles Westliche ablehnen. «Ich dachte zunächst, der Apfel stünde bei Al-Shabaab als Symbol für etwas.» Doch dann entdeckte sie das Logo plötzlich überall. «Es ist ironisch, wenn sogar Islamisten ein Symbol des Westens tragen.»
Zurück zum Kleiderkauf: Im nächsten Laden wirbt der Verkäufer für T-Shirts mit dem iPhone darauf: «Du erkennst daran, in welchem Jahr das T-Shirt hergestellt wurde. Wenn iPhone 13 oder 14 draufsteht, dann ist auch das Kleidungsstück neu. Das gefällt den Kunden.»
Im zweiten Geschäft verlangt der Verkäufer sieben Franken fürs T-Shirt. Nach einigem Verhandeln geht er auf fünf Franken runter. Schliesslich sollte man bereit sein, falls sich dieser Trend weiter ausbreitet.