Ezimbhuzini in Soweto, südwestlich von Johannesburg, ist eine von zahlreichen Hüttensiedlungen in der Region. «Manchmal kämpfen sie mit Waffen. Dann schlagen die Kugeln hier ein», sagt Amanda.
Der Raum ist so klein, dass zwischen Bett und Wellblech kaum Platz ist. An einem Nagel hängt eine Tasche mit Kleidern. «An manchen Morgen klopfe ich von aussen an die Wand, und frage die Nachbarin: Lebst Du noch?»
Hier zu wohnen, ist nicht sicher.
Manchmal müsse sie die Nachbarin auch schütteln, um sicher zu sein, dass sie noch am Leben sei, erzählt Amanda. «Hier zu wohnen, ist nicht sicher», sagt Monica. Und Amanda dankt jeden Morgen Gott dafür, dass sie heil erwacht ist.
Hitze im Sommer, Kälte im Winter
Manche nennen Orte wie Ezimbhuzini das «ugly Soweto» – das hässliche Soweto. Fünf- bis sechstausend Menschen leben hier. Dicht an dicht, in armseligen, engen Hütten aus Wellblech und Holz. Im Sommer wird es darin unerträglich heiss, im Winter beissend kalt.
Es ist ein Ort voller enttäuschter Hoffnungen. Auch Monica und Amanda hatten ihre Träume, als sie ihre Heimatdörfer im Ostkap verliessen – der ärmsten Provinz Südafrikas. Monica kam vor rund 20 Jahren nach Soweto, Amanda vor fünf Jahren.
Mit viel Hoffnung waren sie auf der Suche nach Arbeit in den Grossraum Johannesburg gekommen, den Wirtschaftsmotor Südafrikas.
Sie habe eine Ausbildung im Büro begonnen, erzählt Amanda, sie aber nicht beendet. Denn ihre Eltern verloren ihre Arbeit und die Familie brauchte Geld, damit die jüngeren Geschwister weiterhin zur Schule gehen konnten.
Also lagen die Hoffnungen auf Amanda. Sie hat sie bisher nicht erfüllen können.
Mindestens jeder dritte ohne Arbeit
Viel zu viele Menschen in Südafrika haben keinen Job. Landesweit beträgt die Arbeitslosenquote mehr als 33 Prozent. Und das ist bloss die offizielle Zahl. Bei den Jugendlichen sollen es sogar über 60 Prozent sein. Von einer «Krise der Arbeitslosigkeit» schrieb unlängst ein bekanntes Online-Portal.
Eine einfache Lösung gibt es nicht. Und so hängen viele am Tropf des Staates. Sie erhalten sogenannte Grants. Zuschüsse. Sozialgelder. Auch Monica und Amanda erhalten umgerechnet rund 40 bis 60 Franken monatlich.
Wenn ihr wiederkommt – bringt uns warme Kleider. Damit wir abends nicht frieren müssen.
Das ist auch in Südafrika nicht viel, in diesem Land, in dem die Ungleichheit zwischen Arm und Reich so gross ist wie sonst nirgends auf der Welt. «Das Geld reicht nicht», sagt Monica. Nicht einmal fürs Essen – für sich, für ihren Mann, ihren Grossvater und ihr Kleinkind.
Monica lebt mit ihnen auf nicht einmal zwölf Quadratmetern. Ihre acht weiteren Kinder leben bei Verwandten im Ostkap. Für sie könne sie nicht auch noch sorgen, sagt sie.
Die Illusionen sind weg
Eine Arbeit, ein anständiges Haus, ein besseres Leben. Das ist alles, wovon Monica träumt. Wie Amanda ist Monica 35 Jahre alt. Beide wären jung genug, um eine Zukunft zu haben. Doch ihr melancholischer Blick und die Enttäuschung in ihren Augen lassen vermuten, dass sie ihre Illusionen längst verloren haben.
Das Gespräch mit den beiden Frauen wird jäh unterbrochen. Keine dreissig Meter entfernt haben sich junge Männer versammelt. Es werden immer mehr. Der lokale Mitarbeiter drängt zum Aufbruch.
Bevor wir wegfahren, sagt Amanda: «Wenn ihr wiederkommt – bringt uns warme Kleider. Damit wir abends nicht frieren müssen.»