Im Norden Malis kam es vor gut einer Woche zu heftigen Kämpfen. Tuareg-Rebellen, die mit lokalen Dschihadisten verbündet sind, fügten der Armee, die von russischen Söldnern der früheren Wagner-Gruppe unterstützt wird, eine militärische Niederlage zu. Dabei sollen sie wichtige Informationen von der Ukraine erhalten haben. Die malische Regierung hat nun die diplomatischen Beziehungen zur Ukraine abgebrochen. Sebastian Elischer erklärt den Sachverhalt genauer.
SRF News: Was weiss man inzwischen gesichert über die Gefechte in Mali vor einer Woche?
Sebastian Elischer: Wir wissen mit Sicherheit – das hat der malische Staat zugegeben –, dass die malische Armee und ihre russischen Verbündeten eine empfindliche militärische Niederlage einstecken mussten. Dabei sind zahlreiche malische Soldaten verletzt worden und ums Leben gekommen. Man schätzt den Verlust der Wagner-Truppen auf 80 bis 90 Soldaten.
Dieser Kampf in der Sahelregion stellt die erste militärische Konfrontation dar, in der die russische Seite eine grosse Anzahl an Kämpfern verliert.
Das ist aus zwei Gründen bemerkenswert: Erstens zeigt sich für die Militärregierung in Mali, dass es ihr deutlich schwerer fällt, den Norden Malis gegen Tuareg-Separatisten zu verteidigen als bisher angenommen. Die Tuaregrebellen sind stärker und besser ausgerüstet als gedacht. Zweitens stellt dieser Kampf in der Sahelregion die erste militärische Konfrontation dar, in der die russische Seite eine grosse Anzahl an Kämpfern verliert. Bislang wurde nur gemunkelt, dass die Wagner-Soldaten – sie werden neu Afrikacorps genannt – in Kämpfe verwickelt sind. Nun haben wir das erste Mal die Evidenz dafür, und wir haben das erste Mal eine deutliche russische Militärniederlage in Mali.
Woher haben die Tuareg und die mit ihnen verbündeten Dschihadisten ihr Kriegsmaterial?
Das weiss man nicht so genau. Es wird seit mehreren Jahren spekuliert, dass das Militärgerät auf privaten Schwarzmärkten ersteigert worden ist. Bei einigem Gerät ist vorstellbar, dass es aus russischen Beständen kommt. Es kann allerdings auch aus den Nachbarländern stammen. Es ist bekannt, dass die Separatisten seit dem Zusammenbruch der Friedensvereinbarung zwischen der Zentralregierung in Mali und den Separatisten ihre Waffenvorräte wieder aufrüsten.
Die Ukraine behauptet, sie habe den Tuareg entscheidende Informationen für den Kampf gegen die Armee und die russischen Söldner geliefert. Was weiss man sicher darüber?
Es ist absolut vorstellbar, dass die Ukraine militärische Geheiminformationen an die Tuareg weitergeleitet haben könnte. Hier geht es darum, dass russische Kommunikation über Telegram vermutlich vom ukrainischen Geheimdienst abgefangen worden ist.
Mali hat die diplomatischen Beziehungen zur Ukraine über das Wochenende abgebrochen. Sie waren ohnehin nicht sehr gut. Aber das hat konkrete Auswirkungen auf die diplomatischen Beziehungen der Ukraine mit dem Rest von Westafrika.
Die malische Militärregierung hat sich komplett von Russland abhängig gemacht.
Die amtierende Regierung in Mali, die sich 2021 an die Macht geputscht hat, hat die damalige Wagner-Gruppe ins Land geholt, um die Rebellen im Norden zu bekämpfen. Was heisst die heftige Niederlage nun für diese Sicherheitskooperation?
Zunächst wird diese eine Niederlage keine Veränderungen bringen. Russland ist klar gewillt, sich in der Sahelregion, aber auch in ganz Westafrika seinen Einfluss weiter auszubauen. Und die malische Militärregierung hat sich von Russland komplett abhängig gemacht. Und es wird so lange weitergehen, wie die malische Militärregierung in der Lage ist, den Afrikakorps zu finanzieren.
Das Gespräch führte Matthias Kündig.