Während die Welt gebannt nach Syrien blickt, baut Baschar al-Assad mit seiner Familie ein neues Leben in Russland auf. Der Kreml hat seinem langjährigen Verbündeten politisches Asyl gewährt. Nun könnte sich der Assad-Clan an einem Ort aufhalten, wo es sich gut leben lässt: der Villengegend Barwicha vor den Toren Moskaus.
In Barwicha wohnen vor allem neureiche Russinnen und Russen. Privatmann Assad könnte bei seinen Spaziergängen und Familienausflügen auf «illustre» Gestalten treffen, mit denen er mehr gemeinsam hat. «In der Gegend gibt es eine auffällig hohe Dichte an russlandfreundlichen ehemaligen Politikfiguren aus aller Welt», berichtet SRF-Korrespondent Calum MacKenzie.
Der syrische Diktator ist im russischen Exil zum Normalbürger geschrumpft. Neuland ist Russland für ihn aber nicht. Assad und seine Familie pflegen schon lange Verbindungen nach Moskau und besitzen Luxuswohnungen im Nobelquartier Moskau City. Hafez al-Assad, der älteste Sohn von Baschar, soll in Moskau eben erst sein Studium der Physik und Mathematik abgeschlossen haben.
Ob in Barwicha oder anderswo in Moskau: Das Leben von Assad und seiner Familie dürfte sich ähnlich gestalten wie das der anderen gefallenen Potentaten. Ruhig, abseits der medialen Aufmerksamkeit und finanziell auf Rosen gebettet. Das US-Aussenministerium schätzt das Vermögen des Assad-Clans auf 1 bis 2 Milliarden US-Dollar.
Welchen Nutzen hat Assad für Putin?
«In der Regel ist die politische Karriere der Exilanten vorbei, wenn sie in Moskau landen», sagt MacKenzie. Das dürfte auch im Fall von Assad so sein. Er führt keine Exilregierung an, die darauf hofft, dereinst zurück nach Damaskus zu kehren. Und er verfügt auch über keine Machtmittel, die für den Kreml von Wert wären.
Warum also gewährt Wladimir Putin dem gestürzten Diktator Asyl? «Mit seiner Militärintervention in Syrien wollte Russland auch zeigen, dass es seine loyalen Verbündeten beschützt», sagt MacKenzie. Der Deal: Assad liess sich zu Moskaus Marionette machen – dafür rettete Moskau sein Regime. Die Rettungsaktion sollte in alle Winkel der Welt ausstrahlen, so etwa auch nach Afrika. «Dass Russland es nicht geschafft hat, Assad erneut zu retten, schadet seinem Image als Versicherung für seine Verbündeten nun aber enorm.»
Putin als Lebensversicherung der Diktatoren
Der Sturz des Assad-Regimes ist eine Blamage für Moskau. Auch, weil er ein verheerendes Signal an andere Verbündete aussendet: Kommt es hart auf hart, werdet ihr fallen gelassen. «Machthaber, die sich auf Putin verlassen, werden sich überlegen, wie viel sein Schutz und seine Unterstützung wert sind», sagt auch Sebastian Ramspeck, internationaler Korrespondent von SRF.
Immerhin: Assad kann nun wohl unbehelligt vor internationaler Strafverfolgung ein schönes Leben in Moskau führen. Auch das ist eine Botschaft, die der Kreml nun an seine Verbündeten aussenden will: Wenn alle Dämme brechen, habt ihr einen sicheren Hafen.
Russland ist allerdings auch daran gelegen, mit den neuen Machthabern in Syrien ins Geschäft zu kommen. Könnte der gefallene Diktator zur Verhandlungsmasse und nach Damaskus ausgeliefert werden? Das hält MacKenzie derzeit für unwahrscheinlich. Denn verstörende Bilder, wie es sie vom Ableben von Saddam Hussein oder Muammar al-Gaddafi gab, dürfte der «Lebensversicherer Russland» kaum sehen wollen.