Es ist nicht nur der russische Angriffskrieg in der Ukraine oder die Unterdrückung der Menschen in Myanmar. In der ganzen Welt haben es die demokratischen Freiheiten gegenwärtig sehr schwer.
International Idea, eine weltweit tätige internationale Organisation, der auch die Schweiz seit 2005 als Mitglied angehört, kommt zum Schluss: Noch nie seit 1990 gab es so wenige und schwache Demokratien wie heute in der Welt. Umgekehrt werden die immer zahlreicheren autokratischen Staaten immer repressiver. Erstes Opfer ist dabei in vielen Teilen der Welt die Meinungsfreiheit.
Von den über 170 untersuchten Staaten weltweit stuft International Idea derzeit über ein Drittel als Autokratien ein. Die demokratischen Formen des Zusammenlebens überwiegen noch. Allerdings seien diese in fast 50 Demokratien im letzten Jahr weiter geschwächt worden, heisst es im Jahresbericht zum Zustand der Demokratie in der Welt. In elf Ländern ist die demokratische Staatsform sogar in drei oder mehr der 16 untersuchten Merkmale schwächer geworden.
Entwicklung der Demokratien | Anzahl der Nationen |
Stärkung | 14 |
Stabile Entwicklung | 42 |
Leichte Schwächung | 37 |
Signifikante Schwächung | 11 |
Gesamtanzahl der untersuchten Demokratien | 104 |
Aber es gibt auch einige wenige Lichtblicke: So haben so unterschiedliche Länder wie Gambia, Sri Lanka und Moldawien erfreuliche Schritte in Richtung mehr Demokratie getan.
In Kenia und Brasilien haben sich Wahlbehörden bewährt, nachdem Verlierer unbegründet den Vorwurf von gestohlenen Wahlen erhoben hatten. Positiv wertet der Jahresbericht auch die zunehmenden Proteste in vielen autoritären Staaten: Dazu gehört auch das bevölkerungsreichste Land der Welt, das diktatorisch regierte China.
An den vielen Orten des Landes mit über 1.3 Milliarden Einwohnerinnen und Einwohnern sind in den letzten Tagen Tausende von Menschen auf die Strasse gegangen – um gegen die von Staatspräsident Xi Jinping verfolgte Nulltoleranz gegen das Coronavirus zu demonstrieren.
Schweiz: Herausragende Volksrechte, geringe Wahlbeteiligung
Anders sei die Situation in stabilen Demokratien, so der Weltdemokratiebericht. In der Schweiz etwa hätten die Bürgerinnen und Bürger sogar direkt an der Urne zweimal über die geführte Corona-Politik abgestimmt.
Laut International Idea gehört die Schweiz seit der Einführung des gleichen Stimmwahlrechtes für Frauen und Männer auf Bundesebene vor einem guten halben Jahrhundert zu den entwickeltsten und stabilsten Demokratien überhaupt in der Welt. Dieser Befund bestätigt sich im neuen Jahresbericht.
Fortschritte werden der Schweiz in Fragen der Transparenz bei der Parteienfinanzierung zugebilligt, während es bei der Medienfreiheit angesichts neuer einschränkender Gesetze zu einzelnen Abstrichen gekommen sei.
Weiterhin herausragend sei die Schweiz bei der Nutzung der direktdemokratischen Volksrechte, dafür liege die durchschnittliche Wahlbeteiligung in nationalen Wahlen weit unter dem Durchschnitt vergleichbarer Staaten. Bei den letzten Nationalratswahlen im Herbst 2019 nahmen gut 45 Prozent der Schweizer Wahlberechtigten teil.