«Let’s get Brexit done.» Das war die kurze und eingängige Botschaft, mit der Boris Johnson Premierminister in Grossbritannien wurde. Dieser Botschaft ist er bis heute treu geblieben. «Ich muss die Interessen der Britinnen und Briten vertreten und diejenigen der internationalen Gemeinschaft,» sagte Johnson im Parlament. Dazu gehört aus seiner Sicht im Notfall eben auch, internationales Recht zu brechen.
An Sprachbildern hat es Boris Johnson noch nie gefehlt. Dem Vereinigten Königreich drohe eine «wahre Seeblockade» zwischen Grossbritannien und Nordirland. Die Lebensmittelversorgung der Nordiren sei in Gefahr.
Wenn die EU das Austrittsabkommen stur und buchstabengetreu umsetze, werde es in Nordirland künftig weder Lammfleisch aus Wales noch Schlagrahm aus Schottland geben. Es sei deshalb seine Pflicht vorausschauend eine «Versicherungspolice» einzurichten.
Wortbrüchiges Königreich?
Ein Gesetz also, welches es der Regierung erlauben würde, sich über dieses bedrohliche Austrittsabkommen hinwegzusetzen. Das ging selbst vielen seiner konservativen Parteifreunde zu weit. Gleich fünf ehemalige Regierungschefs haben sich über die Pläne des Premierministers empört gezeigt. Wie solle die britische Regierung je noch einmal glaubhaft China oder Iran kritisieren, wenn diese internationales Recht verletzten, wenn ausgerechnet London sein Wort breche, war in Westminster zu hören.
Johnson musste realisieren, dass er zu weit gegangenen war. Er ist deshalb in den vergangenen Tagen mit den Kritikern aus seiner eigenen Partei einen Kompromiss eingegangen und hat eine Sicherung in sein Binnenmarktgesetz eingebaut. Die umstrittenen Paragrafen, die das Austrittsabkommen torpedieren, bleiben zwar im Gesetz, dürfen jedoch nur mit der Zustimmung des Parlaments aktiviert werden.
Im Widerspruch zum Austrittsabkommen
Die Zündschnur des kontroversen Binnenmarktgesetzes wurde damit deutlich verlängert. Insbesondere wurde dem unberechenbaren Premierminister der Zünder aus der Hand genommen. Das macht die Sache aber nicht unbedingt harmloser. Das neue britische Binnenmarktgesetz steht weiterhin im krassen Widerspruch zum Austrittsabkommen, das die Briten vor einem Jahr unterschrieben haben.
Ob das Austrittsabkommen vom Parlament oder vom Premierminister gebrochen wird, macht für die Europäische Union wohl am Ende keinen Unterschied. Mit einer satten Parlamentsmehrheit der Konservativen mit 80 Sitzen kann der Premierminister zudem immer noch mit dem Feuer spielen.
Ob die jüngste Pirouette im Unterhaus die Europäische Union wirklich zu überzeugen vermag, erfahren wir in einer Woche. Dann läuft die Frist ab, welche die EU der britischen Regierung gesetzt hat, um das umstrittene Binnenmarktgesetz zu korrigieren.