Seit zehn Jahren verbreitet Boko Haram in Nigeria Angst und Schrecken. Vergangenen Frühling erklärte die Regierung der islamistischen Sekte aber den Krieg und schickte die Armee in den Norden des Landes. Diese ging oft mit massloser Gewalt vor – auch gegen Zivilisten. Hunderte mutmassliche Terroristen wurden bei Razzien umgebracht.
Razzien gegen Sekte nützen nichts
Damit wurde die Spirale der Radikalisierung aber nicht gestoppt, sondern angetrieben. Allein im letzten Jahr fielen 2500 Menschen neuen Anschlägen von Boko Haram zum Opfer. Die Entführung von über 200 Mädchen brachte das Fass nun aber zum Überlaufen. «Die Regierung macht absolut nichts. Die Bevölkerung zu schützen, ist die wichtigste Aufgabe eines Präsidenten. Es ist eine Schande, dass er uns völlig im Stich lässt», sagt ein zorniger Nigerianer zur BBC.
Nur: Der Kampf gegen die Terrororganisation ist nicht einfach. Es gibt kein Hauptquartier und keine Front. Eine solche Gruppe könne man nicht allein mit Gewalt eliminieren, sagt der nigerianische Exil-Politiker Malam Nasur Faid. Man solle aufhören, die Situation zu beschönigen. «Nur Geheimdienstinformationen und eine gute Beziehung zur lokalen Bevölkerung können helfen.» Man könne nicht in Dörfer einmarschieren und wahllos Leute umbringen, so der ehemalige Politiker weiter.
Nigerias Ölreichtum wichtig für USA
Die Tatsache, dass die USA nun Spezialkräfte und Drohnen zum Auffinden der entführten Mädchen nach Nigeria schicken dürfen, ist ein indirektes Eingeständnis der Regierung dafür, dass sie überfordert ist. Unterstaatssekretärin Sara Siwall begründet den Einsatz der USA so: «Erstens ist Nigeria seit vielen Jahren ein äusserst wichtiger Handelspartner der USA, zweitens können wir diese Form von Gewalt gegen Zivilisten nicht akzeptieren. Und drittens ist der Terror von Boko Haram längst nicht mehr ein lokales Problem, sondern eine grenzüberschreitende Gefahr für die ganze Region.»
Man kann nicht in Dörfer einmarschieren und wahllos alle Jugendlichen umbringen.
Diese Region ist strategisch und wirtschaftlich wichtig für die USA. Nigeria ist einer der grössten Ölproduzenten Afrikas. Aber gerade der muslimisch geprägte Norden profitiert wenig bis gar nicht von diesem Rohstoffreichtum. Eine Demütigung, die junge Männer ohne Perspektive seit Jahren reihenweise in die Arme von Boko Haram treibt.