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Covax-Pandemie Omikron bringt Impf-Ungerechtigkeit zurück auf die Agenda

Dass die neue Covid-Mutation namens Omikron ausgerechnet in Afrika aufgetaucht ist, halten viele Gesundheitsexperten für keinen Zufall. «Natürlich begünstigt eine niedrige Impfquote Mutationen», sagt Anna Holzscheiter, Expertin für globale Gesundheitspolitik von der Universität Dresden.

Wir brauchen global einen starken Impfschutz, damit das Virus keinen Platz mehr hat.
Autor: Elisabeth Massute Impfstoffexpertin

In Afrika sind nur sechs Prozent der Bevölkerung zumindest einmal geimpft. In der gesamten Welt sind es im Durchschnitt mehr als 54 Prozent. 

Nicht einmal die Hälfte ausgeliefert

Für Elisabeth Massute, Impfstoffexpertin der Ärzte-Organisation Médecins sans frontières, liegt die Konsequenz auf der Hand: «Wir brauchen global einen starken Impfschutz, damit das Virus keinen Platz mehr hat.»

Genau das sollte die globale Impfstoffinitiative Covax sicherstellen. Covax wurde gleich zu Beginn der Pandemie von der Weltgesundheitsorganisation, der EU und Frankreich gegründet – mit dem Ziel, allen Menschen einen gleichmässigen und gerechten Zugang zu Impfstoffen zu verschaffen.

Doch die Initiative hält nicht, was sie versprochen hat. Sogar das abgespeckte Ziel, bis Jahresende 1.4 Milliarden Dosen zu verteilen, wird verfehlt. Bis Ende November hatte Covax nicht einmal die Hälfte ausgeliefert.

«Ärmere Länder müssen sich hinten anstellen»

«Die gesteckten Ziele können nicht erreicht werden», sagt Professorin Holzscheiter. Trotz einer Grossspende der EU im Oktober. Impfstoff-Hersteller produzieren inzwischen zwar deutlich mehr Dosen. Aber davon profitieren nur wenige Länder.

Denn die Verteilung zwischen reichen und armen Ländern ist – trotz aller Versprechen – nach wie vor sehr ungleichmässig. Reiche Länder hätten sich – dank ihrer Marktmacht – gleich zu Beginn der Pandemie bilateral grosse Mengen bei den Herstellern gesichert, sagt Massute.

Strasse.
Legende: Nach wie vor sind viele Menschen wie hier in Liberia nicht geimpft. Nicht zuletzt auch aufgrund der neuen Variante Omikron müssen die Regierungen die Menschen weiterhin sensibilisieren. Keystone

«Die ärmeren Länder müssen sich hinten anstellen. Das wird zu einer medizinischen Eindämmung dieser Pandemie nicht beitragen.» Zwar hätten reiche Länder wie die USA, die EU und auch die Schweiz zugesichert, überschüssige Impfstoffe zu spenden, aber viele Dosen kämen nicht oder erst mit grosser Verspätung an.

Erschwerend kommt hinzu: Vor Ort fehlt oft die medizinische Infrastruktur, um sie zu verteilen und zu injizieren. Die Unsicherheit, ob und wann Impfstoffe verfügbar seien, schüre auch in ärmeren Ländern die Impfskepsis, sagt Massute.

Schweiz gegen Freigabe der Patente auf Covid-Impfstoffe

Hauptproblem bleibe aber, dass noch immer zu wenige Impfstoffe in ärmeren Ländern ankämen, darin sind sich beide Expertinnen einig. Und beide sind der Meinung, dass es helfen würde, wenn die Patentrechte auf Covid-Tests und -Impfstoffe zeitweise aufgehoben würden. Das fordert auch eine Gruppe ärmerer Länder unter Führung Indiens und Südafrikas von der Welthandelsorganisation. Pharmastandorte wie die EU und die Schweiz sind strikt dagegen.

Die Covid-Pandemie und die Aussetzung der Patentrechte hätte auch zentrales Thema bei der WTO-Ministerkonferenz diese Woche in Genf werden sollen. Doch das Treffen wurde ausgerechnet wegen der neuen Covid-Mutation Omikron abgesagt.

Wie hoch ist die Impfquote in den einzelnen Ländern Afrikas? In der untenstehenden Tabelle können Sie beliebige Länder eingeben und die Zahlen anschauen.

Rendez-vous, 2.12.2021, 12:30 Uhr

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