- In seltenen Fällen sind Abtreibungen in Polen erlaubt, etwa wenn der Fötus schwer behindert ist. Das soll neu verboten werden.
- Beim letzten Versuch scheiterte ein ähnliches Gesetzesvorhaben, hunderttausende polnische Frauen und Männer gingen auf die Strasse.
- Diesmal sind solche Proteste undenkbar – wegen des Coronavirus.
So sieht der Protest aus, wenn wegen Corona nicht einmal zwei Menschen zusammen auf die Strasse dürfen: Am Dienstag haben dutzende Autos und Velos den wichtigsten Verkehrskreisel in Warschau lahmgelegt. Sie hupten, hielten Plakate mit maskierten Frauengesichtern mit Aufschriften wie «Streik» und «Hölle» an die Scheiben ihrer Fahrzeuge. Alles mit dem nötigen Abstand.
Die Polizei schaute zu, erinnerte aber pausenlos an die Gefahr: «Vorsicht, wir sind mitten in einer Epidemie!» Plakate sieht man auch auf Balkonen und in Supermarktschlangen – mit zwei Metern Abstand zum nächsten Kunden.
Konservative für Gefängnisstrafen
Barbarisch finden die Protestierenden, dass Abtreibungen auch dann verboten sein sollen, wenn der Fötus schwerste Behinderungen hat, nicht lebensfähig ist. Heute darf man in Polen abtreiben, wenn die Schwangere zu sterben droht, nach einer Vergewaltigung und eben, wenn das Kind schwer behindert ist – das ist der mit Abstand häufigste Grund für Abtreibungen im Land.
Fast eine halbe Million Unterschriften haben Konservative nun gegen die Abtreibung schwerstbehinderter Föten gesammelt. Neu sollen Frauen ins Gefängnis müssen, wenn sie ihr Kind abtreiben.
Keine Unterstützung der Kirche nötig
Das geht auch vielen in der polnischen Kirche zu weit. Doch das Gesetz hat Chancen. Denn die Konservativen haben die Mehrheit im Parlament.
Es ist nicht der erste Anlauf für ein noch strengeres Abtreibungsverbot in Polen. Bis jetzt ist das Parlament allerdings immer zurückgekrebst, weil Hunderttausende demonstrierten – zuletzt mit aufgespannten Regenschirmen. Jetzt, zu Corona-Zeiten, schützen Regenschirme nicht vor neuen Gesetzen.