Den Vorschlaghammer schwang Friedrich Merz diesen Juli selbst. Der CDU-Parteichef erklärte im ZDF-Sommerinterview, dass man in Kommunalparlamenten nach Wegen suchen müsse, «wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestalte – auch mit der AfD».
Merz ist nach lautstarker Kritik inzwischen zwar längst zurückgerudert, doch dass die Brandmauer Risse hat, ist längst Realität. Merz’ mantraartige Beschwörung, dass es «Keine Zusammenarbeit mit der AfD» gibt, wie auch am Samstag am CDU-Landesparteitag in Magdeburg wieder, mutet wenig praktikabel an. In Umfragen legt die AfD seit Monaten zu, erreicht bundesweit Zustimmungsraten von 20 Prozent und mehr, im Osten gar gegen 30 Prozent.
Löchrige Brandmauer
Um Mehrheiten zu finden, schielt zwar nicht nur die Unionspartei immer mal wieder über das theoretische Bollwerk hinweg. Doch der CDU nimmt man die unscharfe Abgrenzung übel. Noch sind es Einzelfälle. Hier der Antrag auf ein WC-Häuschen, da die Umbenennung eines Platzes.
Eine grössere Bresche in die Brandmauer schlug vor zwei Wochen aber der Antrag der CDU zur Senkung der Grunderwerbssteuer im Thüringer Landtag. Der es mit gütiger Mithilfe der AfD durchs Parlament schaffte und den Haushalt um 50 Millionen Euro mehr belastet.
Kein Tabubruch, finden CDU-Delegierte im benachbarten Sachsen-Anhalt. Man könne ja nicht verhindern, dass andere einem «vernünftigen» CDU-Antrag zustimmen. Allerdings sei die Union auch nicht davor gefeit, dass von der AfD ein vernünftiger Antrag komme, gibt der Kreistagsvorsitzende Andrej Haufe selbstkritisch zu: «Am Anfang haben sie sich ja zumindest auf Kreistagsebene in Polemik und Dingen versucht, die man eigentlich relativ leicht entzaubern konnte. Aber mittlerweile haben sie dazugelernt. Sie nehmen sich Themen, die natürlich die Leute auch interessieren, die die Leute umtreiben.»
Bollwerk der Mitte
Solche Themen nicht der AfD zu überlassen, Bürgerinnen und Bürger ernstzunehmen, Probleme selbst und lösungsorientiert anzusprechen, mit diesem Rezept hält Ministerpräsident Reiner Haseloff die Rechtsaussen-Partei in Schach. Anders als in Thüringen und Sachsen ist die AfD in Sachsen-Anhalt nur drittstärkste Kraft. Die CDU holte 2021 komfortable 37.1 Prozent der Stimmen und regiert das Bundesland mit SPD und FDP.
Landesvater Haseloff gilt im Osten inzwischen als personifiziertes Bollwerk gegen die AfD. «Wir sind immer eine klare Kante gefahren. Für uns ist klar: Rechts von uns gibt es keine Option, und wir haben eine Mehrheit. Da machen wir vernünftige Politik aus der demokratischen Mitte», betont der Ministerpräsident. Sorge bereitet ihm aber, wie die AfD bundesweit sukzessive in diese bürgerliche Mitte vordringe. Viele würden bei der AfD das Kreuz machen, weil vor allem auf Bundesebene nicht «ergebnisoffen und zielorientiert» gearbeitet werde.
Wenn also im Umkehrschluss «gute Politik» der Mörtel ist, der die Brandmauer gegen rechts zusammenhält, dann stehen alle in der Verantwortung, auch die Oppositionspartei CDU.