Bei der deutschen CDU ist nach umstrittenen Aussagen von Parteichef Friedrich Merz zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen AfD auf Kommunalebene Feuer im Dach. Merz hat seine Aussagen später zwar relativiert – doch der Schaden sei angerichtet, analysiert SRF-Deutschlandkorrespondentin Simone Fatzer.
Wie ist nun eigentlich Merz' Haltung gegenüber der AfD?
Merz ist zwar zurückgerudert, hat aber nicht wirklich klargestellt, was er denn nun gemeint hat. Er ist bekanntermassen ein guter Redner – und ihm rutscht nicht einfach so etwas heraus, was er dann unter höchstem Druck zurücknehmen muss. Was seine Absicht gewesen sein könnte, interpretieren deshalb andere aus der CDU: So sagt der ehemalige Ministerpräsident aus dem Saarland gegenüber dem «Stern», Merz versuche, einen neuen Sound in der CDU zu etablieren. Der konservative Flügel der Partei wiederum beklagt, man wolle Merz absichtlich falsch verstehen. Merz selber tut allerdings einiges dafür, dass seine Aussagen mehrdeutig ankommen. So sagte er kürzlich, die CDU sei «die Alternative für Deutschland mit Substanz». Das kann man natürlich schon als Blinken gegen rechts interpretieren.
Hält die von der CDU definierte «Brandmauer» gegen rechts?
Innerhalb der CDU ist diese «Brandmauer» nicht umstritten. Dass viele Mandatsträgerinnen und -träger sensibel auf das Thema reagieren, zeigt, dass man kein Abrücken von dieser Position duldet. Es zeigt aber auch, dass man Merz dies durchaus zutraut. Das Problem: Die CDU hat ein Kooperationsverbot mit der rechten AfD verabschiedet. Doch unklar ist, was genau das bedeutet. Es gibt eine Studie, die zeigt, dass auf kommunaler Eben längst mit der AfD zusammengearbeitet wird. Meist die CDU, aber auch Vertreter anderer Parteien heissen Anträge der AfD gut oder man baut auf AfD-Stimmen. Ist das nun Pragmatismus oder ist das die Brandmauer, die nicht hält? Solche Fragen werden die CDU und die anderen Parteien noch sehr lange und sehr intensiv beschäftigen.
Von wem innerhalb der CDU kommt am meisten Kritik an Merz?
Der Aufschrei kommt vor allem von Leuten, die einen gemässigten Kurs der CDU befürworten – jenen Kurs der Mitte, mit dem die CDU unter Angela Merkel ja auch lange erfolgreich war. Allerdings: Merz hat die Partei zerstritten übernommen, sie zu einen, war eines seiner der grossen Ziele. Jetzt hat sich der Graben zwischen den konservativen Merz-Anhängern und jenen, die sich für einen Mittekurs aussprechen, wieder aufgetan – durch den Erfolg der AfD. Merz hat erst kürzlich seinen Generalsekretär ausgewechselt und dafür Carsten Linnemann gewählt, der genau diesen konservativen, rechten Kurs von Merz stützt.
Was heisst das alles für Merz' mögliche Kanzlerkandidatur 2024?
Merz steht unter grossem Druck: Er wollte die AfD halbieren, jetzt wächst und wächst sie in Umfragen. Die Ampelregierung ist hochumstritten, aber die CDU profitiert davon nicht. Eigentlich wäre ihm als CDU-Chef die Kandidatur zum Kanzlerkandidaten so gut wie sicher. Doch die Konkurrenz innerhalb der CDU scharrt bereits, und wer weiss, was der bayrische Ministerpräsident Söder vorhat nach der dortigen Landtagswahl im Herbst. Klar ist, dass ein Kanzlerkandidat klare Positionen kommunizieren und überzeugend wirken muss. Er darf keinen Zickzackkurs fahren – und er muss seine Partei hinter sich geeint wissen. Wie nachhaltig sich Merz jetzt schadet, ist schwer zu sagen – doch es scheint klar, dass er derzeit in einer Krise steckt.