- Die Polizei hat am Mittwoch begonnen, den von Klimaschützern besetzten Ort Lützerath im Nordwesten Deutschlands zu räumen.
- Proteste durch Klimaaktivistinnen und -aktivisten blieben überwiegend friedlich.
- Bis zum Nachmittag zeigte sich ein Polizeisprecher «sehr zufrieden» mit dem Verlauf der Räumung.
Im Vorfeld der Räumung war laut Polizeisprecher mit massivem Widerstand gerechnet worden. «Für die Polizei läuft bislang alles nach Plan», sagte der Sprecher.
Beobachter sprachen von einer zum Teil entspannten Atmosphäre. Früh am Morgen war es zum Auftakt der Räumung in Lützerath im Land Nordrhein-Westfalen zu Rangeleien gekommen. Laut Polizei wurde ein Molotow-Cocktail, Steine und Pyrotechnik in Richtung der Beamten geworfen. Zu verletzten Polizisten oder Festnahmen lagen bis zum Nachmittag nach Auskunft des Sprechers keine Informationen vor.
Ab Mittag hatte die Polizei begonnen, Aktivisten von Bäumen und Podesten zu holen. Dabei setzten die Beamten an verschiedenen Stellen Hebebühnen ein. Am Ortseingang von Lützerath begannen Bagger mit Abrissarbeiten. Auch eines der Ortsschilder von Lützerath wurde am frühen Nachmittag entfernt.
Später warfen Beamte selbstgebaute kleine Holzhäuser auf Stelzen um und setzten so die Räumung fort. Nach Angaben eines dpa-Reporters wurden die Beamten dabei in dem Hütten- und Baumhauscamp von Schmährufen der Aktivisten begleitet. Die Polizei entfernte dabei zum Beispiel auch Feuerlöscher, die von den Aktivisten in den Hütten aufbewahrt wurden.
Wind und Dauerregen, der auch die kommenden Tage anhalten dürfte, erschweren die Lage vor Ort. Die Böden im besetzten Ort und drumherum seien bereits völlig aufgeweicht, sagte Jana Beck, Meteorologin des Deutschen Wetterdienstes in Essen.
Traditionelles Kohleabbaugebiet
Lützerath ist ein Ortsteil der 43'000-Einwohner-Stadt Erkelenz im Westen von Nordrhein-Westfalen, die einstigen Einwohnerinnen und Einwohner sind längst weggezogen. Der inmitten von Feldern gelegene Weiler befindet sich inzwischen unmittelbar an der Kante des Braunkohletagebaus Garzweiler. Die darunter liegende Kohle soll zur Stromgewinnung gefördert werden.
In Nordrhein-Westfalen, einem traditionellen Kohleabbaugebiet, stimmte der Energiekonzern RWE zu, den Ausstieg auf 2030 vorzuziehen. Teil des Deals ist, dass Lützerath noch abgebaggert werden darf. Auch die Grünen in der nordrhein-westfälischen Landesregierung haben dem zugestimmt.
RWE kündigte an, dass als Erstes ein eineinhalb Kilometer langer Zaun um den Ort gebaut werde. «Das Unternehmen bedauert, dass der anstehende Rückbau nur unter grossem Polizeischutz stattfinden kann und dass Gegner des Tagebaus zu widerrechtlichen Störaktionen und auch Straftaten aufrufen», äusserte sich der Energiekonzern zum Vorfall.
Die Kohle, die unter Lützerath liegt, werde benötigt, um in der Energiekrise Gas für die Stromerzeugung in Deutschland zu sparen, argumentiert der Konzern. Die Aktivisten bestreiten das.
Druck wegen Energiekrise
Deutschland steht wegen des politisch eigentlich bereits für Ende 2022 beschlossenen kompletten Ausstiegs aus der Atomenergie und dem Erdgaslieferstopp aus Russland im Zuge des Angriffskriegs in der Ukraine unter grossem Druck, sich neue Energiequellen zu erschliessen.
Das Land verfügt über gewaltige Braunkohlereserven, will die Verstromung aber zum Schutz des Klimas bis spätestens 2038 beenden.