Freude herrscht keine, Frustration ist das Gefühl der Stunde am UNO-Hauptsitz in New York. Politikerinnen, Diplomaten, UNO-Beamte wissen: Es läuft fast nichts, wie es sollte. Die internationale Gemeinschaft, verkörpert durch die UNO, hat im ablaufenden Jahr kaum Positives zustande gebracht.
UNO-Generalsekretär António Guterres sagt unumwunden: Die weltpolitischen Spannungen haben die Fähigkeit der UNO ausgehöhlt, Lösungen anzubieten. Am augenfälligsten ist das im Sicherheitsrat, dem mächtigsten Gremium. Er ist in grossen Konflikten weitgehend handlungsunfähig.
Die Ukraine – und dann noch der Gaza-Krieg
Besonders krass und anhaltend, wenn es um die Ukraine oder um Gaza geht. Ein gespaltener Sicherheitsrat könne keine konstruktiven Antworten anbieten, sagt Richard Gowan, UNO-Direktor bei der Denkfabrik International Crisis Group.
Gowan betitelte dieser Tage einen Essay mit: «Die Uno hatte ein schlechtes 2023. Und dann kam noch der Gaza-Krieg.» Historisch betrachtet sei die UNO dann handlungsfähig, wenn die Grossmächte einigermassen miteinander klarkämen.
Derzeit ist das offenkundig nicht der Fall. Im ersten Jahr nach Russlands Überfall auf die Ukraine gelang es noch einigermassen zu verhindern, dass die Uneinigkeit bezüglich Ukraine gleich alle Tätigkeiten des Sicherheitsrats blockierte.
Enorme Lücken bei humanitärer Hilfe
Doch dieser Modus Vivendi funktioniert kaum noch. Egal, ob es um Mali geht, um Niger, um den Sudan, um Nordkorea oder um Myanmar, überall herrscht Dissens.
So sehr, dass nun auch andere UNO-Aufgaben in Mitleidenschaft gezogen werden. Etwa die humanitäre Hilfe. Die Lücke zwischen humanitären Bedürfnissen und finanziellen Mitteln dafür werde immer grösser, klagt UNO-Nothilfechef Martin Griffiths.
Menschenrechte, Klima, Pandemie
Die Menschenrechte stehen unter Druck, wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Anfang Dezember wirkte ein Gipfeltreffen in Genf zum 75-jährigen Bestehen der UNO-Menschenrechtskonvention eher wie eine Trauerstunde als wie eine Feier. Für UNO-Menschenrechtshochkommissar Volker Türk gründen viele der heutigen Krisen in der Missachtung der Freiheitsrechte.
Beim UNO-Nachhaltigkeitsgipfel in New York musste António Guterres eingestehen, dass man bloss bei 15 Prozent der Ziele, darunter die Armut- oder Hungerbekämpfung, auf Kurs sei. Und beim Klimagipfel in Dubai konnte zwar ein Scheitern gerade noch vermieden werden. Doch es wird, so Guterres, immer unwahrscheinlicher, dass die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens erreicht werden.
Was die Lehren aus der Corona-Pandemie angeht, so sei man längst nicht so weit gekommen wie nötig, sagt Helen Clark, die einen UNO-Expertenpanel leitet. Doch gefährliche Viren warteten nicht jahrelang, bis die Diplomatie endlich Resultate erziele.
Vage Hoffnungen für den Zukunftsgipfel
2024 plant die UNO nun einen grossen Zukunftsgipfel. Es geht darum, die Weltorganisation fit zu machen für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Ambitionen sind enorm, die Erwartungen sind es nicht. Die Welt ist nicht in einem Zustand, der mutige Reformen und zukunftsgerichtete Lösungen erlaubt.