- Bulgariens Staatsoberhaupt Rumen Radew hat die erste Runde der Präsidentenwahl laut Prognosen mit gut 49 Prozent der Stimmen gewonnen.
- Eine Stichwahl muss nun entscheiden, wer in den kommenden fünf Jahren Präsident des EU-Landes sein wird.
- Bei der Parlamentswahl liegt die neue Antikorruptionspartei vorne. Sie kann mit 26 Prozent der Stimmen rechnen.
Zur Stichwahl am nächsten Sonntag kommt es zwischen Radew und dem Zweitplatzierten Anastas Gerdschikow, der 25 Prozent der Stimmen erhielt. Die Stichwahl wird notwendig, da der frühere Kampfflieger und Luftwaffenchef Radew nicht mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich vereinigen konnte.
Zwei weitere Meinungsforschungsinstitute, Alpha Research und Trend, veröffentlichten ähnliche Prognosen für den Ausgang der Präsidentenwahl. Mit offiziellen Endergebnissen ist binnen vier Tagen nach der Wahl zu rechnen.
Antikorruptionspartei liegt vorn
Parallel zur Präsidentenwahl stimmten die Wahlberechtigten in Bulgarien auch über die Zusammensetzung des neuen Parlaments ab. Dabei zeichnet sich ein knapper Sieg der neuen Antikorruptionspartei aus dem politischen Zentrum namens «Wir setzen den Wandel fort» ab.
Prognosen von vier Wahlforschungsinstituten sehen die Partei bei 26 Prozent der Stimmen. Dicht dahinter mit 23 bis 24 Prozent folgt die Mitte-Rechts-Partei GERB des langjährigen Ministerpräsidenten Bojko Borissow. Den Prognosen zufolge könnten insgesamt sieben Parteien ins Parlament einziehen. Ebenfalls unter ihnen dürfte die nationalistische und Corona-leugnende Partei «Wiedergeburt» sein.
Koalitionsgespräche bereits ab Montag
«Bulgarien ist auf einem neuen Weg», sagte der Chef der Zentrums-Partei, Kiril Petkov. Man wolle eine funktionierende Regierung bilden. Er sei offen für einen Dialog und Kompromisse, halte aber an einer Reform der Justiz und an der Eindämmung der Korruption fest.
Der Absolvent der US-Eliteuniversität Harvard will bereits am Montag mit Koalitionsgesprächen mit Vertretern anderer Parteien beginnen. Eine Zusammenarbeit mit Borissows GERB und der Türkenpartei DPS schloss Petkov aus.
Die knappen Umfrage-Ergebnisse unterstreichen die tiefe politische Spaltung in Bulgarien nach einem Jahrzehnt der Herrschaft Borissows. Dazu kommen ein starker Anstieg der Corona-Neuinfektionen, hohe Energiekosten und die grosse Unzufriedenheit der Bevölkerung über die weit verbreitete Korruption im ärmsten Mitgliedstaat der Europäischen Union.
Rund 6.7 Millionen Stimmberechtigte waren zum dritten Mal in diesem Jahr aufgerufen, die 240 Abgeordneten der Nationalversammlung zu wählen. Die dritte Parlamentswahl seit April wurde notwendig, weil auch die erst im Juli gewählte Volksversammlung keine regierungsfähige Mehrheit zustande bringen konnte.