Schiffbau gehört nicht zu den Kernkompetenzen der Drogenmafia. Deshalb haben etwa die kolumbianischen Rauschgiftkartelle inzwischen zahlreiche Bootsbaumeister angeheuert, die für sie in abgelegenen Flussmündungen im Dschungel in Kleinwerften U-Boote bauen.
«Hier sind zweifellos einige sehr professionelle Bootsbauer und Ingenieure am Werk. Sie können kaum ausfindig gemacht werden. Analysen zeigen aber, dass eine Reihe von Booten aus einer Hand stammen müssen», erzählt der Verteidigungsanalyst H. I. Sutton. Er publiziert in Marine- und allgemein in Militärfachzeitschriften, aber auch im US-Wirtschaftsmagazin «Forbes» und hat eben ein Buch über Drogen-U-Boote geschrieben.
2020: 13 Narco-U-Boote aufgebracht
Drogen-U-Boote sind ein relativ junges Phänomen. Gerüchteweise ist zwar schon seit Ende der 1990er-Jahre von ihnen die Rede. Erst 2005 wurde jedoch das Erste abgefangen. Seither werden sie immer häufiger eingesetzt.
Allein 2019 wurden 39 U-Boote von Küstenwachen und Drogenfahndern erwischt. Dieses Jahr waren es bisher 13. Geschätzt wird, dass bestenfalls jedes fünfte Boot entdeckt wird. Die Drogenkartelle setzten bisher wohl insgesamt um die tausend solcher Boote ein, wie H. I. Sutton sagt.
Die Drogenkartelle haben geschätzt bisher wohl etwa tausend Narco-U-Boote bauen lassen.
Dem Vergleich mit U-Booten staatlicher Marinen halten sie nicht stand. Die meist bis 25 Meter langen Boote verfügen über keine Druckausgleichskabinen und fahren oft nur wenige Zentimeter unter der Wasseroberfläche. Manche sind sogenannte «Halbtaucher», die stets wenige Zentimeter aus dem Wasser ragen.
Sie werden häufig nur einmal eingesetzt und müssen deshalb möglichst billig herzustellen sein. Für die meist drei- bis sechsköpfige Besatzung gibt es weder Toiletten noch Waschräume – obschon Fahrten oft Tage oder gar Wochen dauern.
Für die Seeleute sei es ein Höllenritt, der jedoch fürstlich entlohnt werde, sagt U-Boot-Experte H. I. Sutton. Für die Auftraggeber sei es kein Problem, die Bootsbauer und die dafür benötigten erfahrenen Kapitäne sehr gut zu bezahlen.
Für die Seeleute ist es ein Höllenritt, der jedoch fürstlich entlöhnt wird.
Schliesslich ist jede einzelne Fahrt ausserordentlich lukrativ. Manche Boote können bis zu 25 Tonnen Drogen transportieren. Bei den meisten beträgt die Ladekapazität etwa acht Tonnen. Oft werden die Schiffe zwecks Risikoverteilung mit weniger als zwei Tonnen beladen. Selbst dafür lassen sich aktuell satte 35 Millionen Franken lösen.
Auch über den Atlantik
Die Hauptrouten der Drogen-U-Boote liegen an der Pazifikküste zwischen Kolumbien und Mexiko oder in der Karibik. Auch zwischen Marokko und Spanien oder Albanien und Italien wird die illegale Ware mitunter auf diesem Frachtweg transportiert. Seit 2019 in Galizien ein kolumbianisches Drogen-U-Boot festgesetzt werden konnte, weiss man, dass sie inzwischen auch im Transatlantikverkehr eingesetzt werden.
Corona-Kontrollen fördern U-Boot-Verkehr
Je systematischer auf Flughäfen, in Seehäfen und an Landgrenzen kontrolliert wird, umso attraktiver werden Drogen-U-Boote. Diese sind mit Radar- und Sonaranlagen kaum zu orten – weit schwieriger als die ebenfalls benutzten Schnellboote. Inzwischen gibt es auch ferngesteuerte U-Boot-Drohnen.
Die Corona-Krise dürfte dem Einsatz von Drogen-U-Booten noch zusätzlich Auftrieb geben, sagt H. I. Sutton: «Die Pandemie erschwert den Verkehr auf den üblichen Handelsrouten der Frachtschiffe. Somit sind Drogen-U-Boote nun erst recht eine attraktive Alternative.»