Es vergeht keine Woche, ohne dass Donald Trump neue Zölle androht, die er einführen will. Die Zölle von 25 Prozent auf alle Waren aus den Nachbarländern Mexiko und Kanada hat der US-Präsident zwar vorerst wieder auf Eis gelegt.
Damit bleibt in Mexiko die Unsicherheit bestehen, wohin die Reise genau geht bei den Handelsbeziehungen mit den USA. «Klar haben wir Angst vor den Zöllen», sagt María Felícitas Banda in einer Verpackungsfabrik in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juárez.
«Zuerst trifft es die Amerikaner, aber dann trifft es uns», so die 56-Jährige, während sie Kartonschachteln bündelt, die auf grossen Metallrollen durch die Fabrikhalle gleiten.
Der Karton kommt von der anderen Seite der Grenze, aus El Paso. Ihre Firma ist in US-amerikanischem Besitz. Hier, auf der mexikanischen Seite, werden aus dem Karton Schachteln und anderes Verpackungsmaterial hergestellt. Dieses wird dann wieder in die USA exportiert. «Nearshoring» nennt man das im Wirtschaftsjargon.
19 Franken Lohn pro Tag
Acht Stunden am Stück macht María Felícitas Banda ihre repetitive Arbeit und verdient dafür umgerechnet rund 19 Schweizer Franken – pro Tag. Der grosse Lohnunterschied zwischen Mexiko und den USA führt dazu, dass hier in Ciudad Juárez mehr als 280'000 Personen in den sogenannten «maquiladoras» arbeiten – Fabriken, die ausschliesslich für den Export produzieren.
Das Rohmaterial wie Plastik, Fäden oder Drähte kommt aus den USA. Damit werden hier in Mexiko viele Teilprodukte hergestellt und wieder in die USA exportiert. Es sind alles Produkte, die nach wie vor Handarbeit benötigen. Der wichtigste Zweig ist die US-Autoindustrie: Sicherheitsgurte, Sitze, Scheibenwischer.
Viele Teile von US-Autos kommen aus Mexiko
Wenn nun auf jedes Teilprodukt eines Autos, das in den USA zusammengebaut wird, ein Zoll von 25 Prozent erhoben wird und der Preis eines US-Autos erhöht wird, dann habe das natürlich einen Effekt auf die hiesige Industrie. Das sagt Manuel Sotelo, Vizepräsident des Verbunds der Transporteure in der Grenzregion.
Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass Mexiko in eine Rezession rutschen würde, wenn tatsächlich Zölle von 25 Prozent auf alle mexikanischen Güter erhoben würden. Mexiko ist der grösste Handelspartner der USA und exportiert mehr als 80 Prozent seiner Waren ins nördliche Nachbarland.
Schon früher Zölle gegen Migrationsströme
Doch viele in Mexiko glauben nicht, dass es zu allgemeinen Zöllen von 25 Prozent kommen wird – zumindest nicht langfristig. «Wir kennen Trump und wie er mit Mexiko verhandelt», sagt Transporteur Sotelo.
2019 habe Mexiko eine sehr ähnliche Situation erlebt. Schon damals benutzte Trump Zolldrohungen, um seine Migrationsagenda durchzusetzen. Lange angedauert hatten die Zölle nicht. Zu sehr seien die beiden Wirtschaften miteinander verknüpft.
Doch die Ungewissheit heute habe ihren Preis. «Wir verlieren Zeit beim Investieren. Wer in Mexiko investieren will, wird jetzt abwarten oder sich für ein anderes Land entscheiden, wo mehr Sicherheit für Investoren herrscht.»