In den vergangenen Tagen wurden mehrere Soldaten der UNO-Friedensmission Unifil in Südlibanon verletzt – weil sie von israelischen Truppen beschossen wurden oder weil es zu Explosionen kam. Am Sonntag nun forderte Israels Premierminister Benjamin Netanjahu den sofortigen Abzug der UNO-Truppen aus dem Gebiet. Der SRF-Korrespondent für internationale Beziehungen, Fredy Gsteiger, schätzt diese Forderung und die wachsende Distanz zwischen Israel und der UNO ein.
Welches Zeichen sendet Netanjahu aus?
Netanjahu sagt damit, Israel nimmt das Heft selbst in die Hand; und dabei sind ihm völkerrechtliche Vorschriften weitgehend egal. Zwar heisst es aus Jerusalem auch, die Angriffe auf UNO-Posten seien teilweise irrtümlich erfolgt. Es handele sich um Kollateralschäden des Kampfes von Israel gegen die Terrormiliz Hisbollah. Aber nach mehreren Vorfällen und nachdem man den Ablauf der Angriffe kennt, ist das nicht mehr glaubhaft.
Wie reagiert die UNO auf die Angriffe?
Die UNO ist empört und auch entsetzt. 40 ihrer Mitgliedstaaten, die teils auch selbst Truppen stellen, verurteilen die israelischen Angriffe in einer Stellungnahme. Sie betonen, die Unifil sei nach wie vor wichtig. Das aktuelle Geschehen ist ein weiteres Zeichen der wachsenden Entfremdung zwischen Israel und der UNO. Israel hält gar nichts mehr von der UNO. Und in der UNO wiederum hat Israel kaum noch Freunde.
Welchen Einfluss haben die USA?
Die US-Regierung von Joe Biden bekennt sich zu den Werten der Vereinten Nationen. Er ermahnt deswegen auch immer wieder die israelische Führung, Völkerrecht zu respektieren. Auch jetzt mit den UNO-Blauhelmen in Südlibanon. Aber wenn es darauf ankommt, unterstützen die USA Israel. Ein Beispiel: Am Wochenende wurden neue Abwehrraketen aus den USA an Israel angekündigt.
Welchen Stellenwert hat die Unifil-Friedensmission noch?
Offiziell gilt sie als wichtig, doch sie erfüllt ihre Hauptaufgabe nicht. Die Unifil sollte die UNO-Resolution 1701 von 2006 durchsetzen. Danach dürften keine Milizen in Südlibanon geduldet werden, keine Waffenstationierungen dort erfolgen. Der Süden Libanons sollte eine Art Pufferzone für den Schutz der Bevölkerung in Nordisrael sein. Tatsächlich aber tanzt die Hisbollah der Unifil seit Jahren auf der Nase herum. Sie ist überaus präsent im Süden Libanons und nutzt ihn als Basis für Angriffe auf Israel. Die Unifil ist zwar eine bewaffnete Friedenstruppe, aber sie hat kein wirklich robustes Mandat.