US-Präsident Donald Trump hat kürzlich den Anwaltskanzleien im Land per Dekret mit massiven Nachteilen gedroht, falls sie weiterhin Prozesse führen, die ihm und seiner Regierungspolitik gegen den Strich gehen. Der Zutritt zu Bundesgebäuden und damit auch zu Gerichtslokalitäten und der Zugang zu Dokumenten sollten ihnen untersagt werden, falls sie künftig nicht vor allem Trump-konforme Mandate übernehmen.
Im Visier hat Trump hierbei insbesondere die Programme der Kanzleien für Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion (DEI, Diversity, Equity, and Inclusion). Hier setzen sich Anwaltskanzleien in der Regel im Rahmen von sogenannten Pro-bono-Mandaten unentgeltlich etwa für Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen und andere politische, gemeinnützige und soziale Zwecke ein.
Dabei würden beispielsweise auch Mandate im Bereich der reproduktiven Rechte von einzelnen Klägerinnen übernommen, erklärt Sarah Katharina Stein, Expertin für US-Justiz am Max-Planck-Institut in Freiburg im Breisgau. Wenn keine Mandate mehr angenommen würden, um gegen Trump zu klagen, könnten Dekrete und Gesetze auch nicht mehr auf ihre Verfassungsmässigkeit überprüft werden.
Pro bono nur noch im Sinn der US-Regierung?
Fünf grosse Kanzleien in den USA haben diesem Druck bereits nachgegeben und sich in den letzten Wochen nach Verhandlungen mit der Regierung für einen Deal entschieden. Trump hat hierbei laut Stein Pro-bono-Einsätze im Umfang von rund 600 Millionen Dollar ausgehandelt, welche die Kanzleien nun künftig für Fälle im Sinne der politischen Trump-Agenda leisten sollen.
Regierungskritische Anwältinnen und Anwälte zu verfolgen, ist die gängige Taktik von Autokratien. Das kennt man aus der Türkei und Russland
Unter den Eingeknickten ist unter anderem die renommierte New Yorker Anwaltskanzlei Paul, Weiss, die an der Strafverfolgung von Trump-Anhängern auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 beteiligt gewesen war. Sie begründet ihr Einlenken mit einer «existenziellen» Bedrohung.
«Anwältinnen und Anwälte zu verfolgen und von ihrer Arbeit abzuhalten, wenn sie regierungskritisch sind, ist eine ganz gängige Taktik von Autokratien. Das kennt man eigentlich aus der Türkei und Russland», bilanziert Stein.
Bisher nur wenig Widerstand
Drei andere Kanzleien – Perkins Coie, Jenner & Block und Wilmer Hale – verhinderten zunächst vor Gericht erfolgreich, dass die Verordnung von Trump gegen sie in Kraft treten kann. In einem offenen Brief haben ihnen mittlerweile über 500 Anwaltskanzleien im Land ihre Solidarität bekundet. Dabei haben laut «New York Times» allerdings die 20 umsatzmässig grössten US-Kanzleien den Brief nicht unterzeichnet.
Das ist ein grosser Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit als Teil einer grösseren Kampagne.
Mit dem Einlenken diverser Kanzleien werde das Pro-bono-System nun quasi auf den Kopf gestellt, erklärt Stein. Sie bezeichnet die Drohgebärde Trumps und ihre Folgen als grossen Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit der USA: «Es ist Teil einer grösseren Kampagne, rechtlich jetzt alles durchzudrücken, auch wenn es vielleicht verfassungswidrig ist.»