- Einen Tag vor dem Nato-Gipfel in Washington sind durch schwere Raketenangriffe auf die Ukraine über 30 Menschen getötet worden.
- Entsetzen herrscht nach dem Raketeneinschlag in einem Kinderspital in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
- Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski weist russische Schuldzuweisungen zurück und spricht von einem gezielten Treffer der russischen Armee.
«In der Ukraine kamen 31 Menschen um, weitere 125 wurden verletzt», teilte das Innenministerium in Kiew am Nachmittag auf Telegram mit. Allein in der Hauptstadt Kiew seien dabei 20 Menschen getötet und 61 verletzt worden. Am Abend meldete die Behörde bereits über 35 Tote.
Aus den Industriestädten Krywyj Rih und Dnipro im Süden der Ukraine wurden mindestens 11 Tote und etwa 60 Verletzte gemeldet. Weitere Ziele waren demnach die frontnahen Städte Slowjansk und Kramatorsk im ostukrainischen Gebiet Donezk.
Anwohner unterstützen die Rettungsmannschaften
Fassungslosigkeit löste in Kiew der Treffer auf ein grosses Kinderspital aus. Selenski veröffentlichte im sozialen Netzwerk X ein kurzes Video, das zerstörte Krankenzimmer und Blutspuren auf dem Fussboden zeigte. Er sprach davon, dass Menschen verschüttet seien. «Alle helfen, die Trümmer zu beseitigen – Ärzte und andere Leute», schrieb er.
Gesundheitsminister Wiktor Ljaschko zufolge wurden in dem Kinderspital Abteilungen für Dialyse, Krebsbehandlung, Operationssäle und die Intensivstation beschädigt. Hunderte Anwohner halfen Rettungskräften, Trümmer zu räumen und nach Opfern zu suchen.
Selenski: «War ein direkter Raketenschlag»
Russische Behauptungen zu einem ukrainischen Flugabwehrfehler wies Selenski zurück. «Was für ein Zynismus, den die Mistkerle im Kreml an den Tag legten, dass es angeblich die ukrainische Flugabwehr und kein gezielter Raketenschlag war», sagte der ukrainische Staatschef auf einer Pressekonferenz mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk in Warschau.
Selenski dankte allen, die Videos ins Internet gestellt haben, «auf denen konkret zu sehen ist, dass es nicht nur ein Teil der einen oder anderen Rakete ist, sondern ein direkter Raketenschlag ist, mit dem viele Menschen getötet und verletzt wurden».
Russland: Es war eine Flugabwehrrakete
Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium in einer Erklärung behauptet, dass eine vom Stadtrand abgefeuerte Flugabwehrrakete die Schäden verursacht habe. Kiew versuche auf diese Weise, vor dem am Dienstag anstehenden Gipfel der Nato-Staaten in Washington weitere Finanzhilfen bei den westlichen Verbündeten herauszuschlagen.
Russland bestätigte Raketenangriffe, die angeblich Rüstungsfabriken und Militärflugplätzen galten. Die Erschütterung über den Angriff tat das russische Militär als «Hysterie des Kiewer Regimes» ab.
Ukrainischen Berichten zufolge wurde noch ein zweites Spital in der Hauptstadt auf der anderen Seite des Dnipro beschädigt.
Angriffe zu ungewohnter Zeit
Das russische Militär setzte bei dem Angriff Selenskis Angaben zufolge mehr als 40 Raketen ein. Ungewöhnlich war, dass die schwere Attacke tagsüber stattfand zu Beginn der Arbeitswoche. Schon in der Nacht hatte es Luftangriffe mit Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen gegeben.
Die Ukraine drängt bei seinen Partnern immer wieder auf die Bereitstellung moderner Flugabwehrsysteme. Nach jüngsten Angaben hat die Ukraine vier der besonders leistungsfähigen Patriot-Systeme aus US-Produktion bekommen, braucht aber nach eigener Einschätzung viel mehr.