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Zerstörung des Kachowka-Staudamms: ein Jahr danach
Aus Rendez-vous vom 06.06.2024. Bild: SRF/Judith Huber
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Ein Jahr danach Kachowka-Staudamm: So hat die Zerstörung die Region verändert

Eine Folge der Zerstörung des Kachowka-Staudammes ist die Verschmutzung der Umwelt. Ausgeflossenes Maschinenöl, Pestizide und andere gefährliche Stoffe vermischten sich mit den Wassermassen. Diese flossen ins Schwarze Meer. Wie ist dort die Lage ein Jahr danach?

Das Meer gehört untrennbar zur südukrainischen Hafenstadt Odessa. Die Einheimischen wollen nach der Arbeit an den Strand und baden oder fischen gehen, so wie sie das immer getan haben.

Menschen gehen am Sandstrand entlang mit Stadtgebäuden im Hintergrund.
Legende: Menschen flanieren am Strand von Odessa. SRF/Judith Huber

Trotz Krieg, trotz Gefahr aus der Luft durch russische Raketen und Drohnen. Doch die Zerstörung des Kachowka-Staudammes hat auch das Schwarze Meer kontaminiert. Deshalb wurde das Baden und Fischen in Odessa letzten Sommer untersagt.

Für die Sprengung am 6. Juni 2023 waren sehr wahrscheinlich russische Besatzer verantwortlich. Die Katastrophe war für Mensch und Natur verheerend.

«Dauerte nur wenige Stunden»

Das Angebot an frischem und geräuchertem Fisch auf dem zentralen Lebensmittelmarkt «Priwos» ist jetzt, im Frühsommer, trotzdem gross. Man könne den hiesigen Fisch wieder essen, denn das salzige Meerwasser reinige sich nach zwei Wochen von selbst, so eine Marktfrau.

Menschen kaufen an einem Fischmarkt ein.
Legende: Der zentrale Lebensmittelmarkt «Priwos» ist gut besucht. SRF/Judith Huber

Doch so einfach ist es nicht. Das zeigt der Besuch beim Meeresbiologen Viktor Komorin. Komorin erinnert sich genau an den vergangenen 6. Juni. Alles sei sehr schnell gegangen, sagt er: «Es dauerte nur wenige Stunden, und die verschmutzten Fluten erreichten die Mündung des Flusses Dnipro. Dann ergossen sie sich ins Schwarze Meer. Zwei Tage später war der Dreck vor der Küste von Odessa angekommen.»

Person in rotem Hemd läuft über Felsen, im Hintergrund Graslandschaft.
Legende: Wo einmal Wasser war, wächst nun Gras: ein vertrocknetes Flussbett bei Malokaterinivka. (5. Juni 2024) Keystone/KATERYNA KLOCHKO

Man habe den angeschwemmten Müll mit blossem Auge erkennen können: Dächer, Bäume, tote Tiere. In der Brühe befand sich aber auch ausgeflossenes Maschinenöl, Pestizide und andere gefährliche Stoffe.

Innert weniger Tage seien Meerestiere zugrunde gegangen. Mehr als die Hälfte der Muscheln in Küstennähe sei abgestorben. Ausserdem hätten sie einen toten Delfin gefunden, der an den angeschwemmten Giftstoffen verendet sei.

Mann steht vor einer Landkarte, lächelnd.
Legende: Meeresbiologe Viktor Komorin erklärt, dass manche der Giftstoffe erst nach 20 bis 30 Jahren abgebaut werden würden. SRF/Judith Huber

Die toxische Brühe floss indes unaufhaltsam weiter und breitete sich aus. Satellitenaufnahmen zeigten, dass das verschmutzte Wasser innerhalb von nur einer Woche die Mündung der Donau erreichte, im Grenzgebiet von Rumänien und der Ukraine.

Ausserdem gab es Ende Juni eine aussergewöhnliche Algenblüte in Küstennähe, von der Region Odessa bis zu den türkischen Gewässern. Auch das eine Folge der Verschmutzung.

Abgelagerte Giftstoffe

Doch nun, ein Jahr später, sind die Gewässer vor Odessa wieder viel sauberer. Allerdings nur oberflächlich, so Komorin. Viele der Giftstoffe hätten sich in den Sedimenten im Meeresgrund abgelagert. Durch Stürme würden sie jeweils im ganzen Meer verteilt, das ganze Ökosystem sei kontaminiert. Manche der Giftstoffe würden erst nach 20 bis 30 Jahren abgebaut.

Steg ins Meer mit Menschen am Ende.
Legende: Komorin bleiben aufgrund des Krieges neben den Analysen in Küstennähe nur die Auswertung von Satellitenbildern und mathematischen Modellen. SRF/Judith Huber

Genauere Aussagen über die Auswirkungen auf das Ökosystem des Schwarzen Meers aber kann das Team von Komorin nicht machen. Denn die Ukrainer haben ein grosses Handicap: Sie können lediglich in Küstennähe Proben nehmen, Expeditionen aufs offene Meer sind nicht möglich, und damit auch keine Probenentnahmen in tieferen Schichten des Wassers. Aufgrund schwimmender Minen und potenzieller Angriffe der Russen ist es zu gefährlich.

Fisch essen? Eher nein

Und so bleiben Komorin neben den Analysen in Küstennähe die Auswertung von Satellitenbildern und mathematischen Modelle.

Und was ist nun mit dem Fisch in Küstennähe – kann man den essen? Komorin meint: Er würde davon abraten. Aber viele Odessiten hätten ihr Leben lang Fische gefangen und verzehrt und wollten das weiterhin tun.

Rendez-vous, 6.6.2024, 12:30 Uhr;kesm

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