Er mache keine Politik für «irgendwelche grünen und linken Spinner» sagte Merz noch am Ende des Wahlkampfs. Doch er ist auf Biegen und Brechen auf diese «grünen Spinner» angewiesen, die vor allem die CSU aus Bayern im Stakkato verächtlich machte.
Noch in der Sondersitzung des Bundestags am Donnerstag zeigten die Grünen kein Interesse am Klimaschutz-Köder von 50 Milliarden Euro, den Merz im letzten Moment auslegte. «Was wollen Sie noch mehr?», fragte er ratlos im Plenum. Deutlich mehr: 100 Milliarden Euro für Klimaschutz sind es nun. Und – nicht unwesentlich – die Zusicherung, dass das Sondervermögen für zusätzliche Investitionen benutzt wird, nicht bloss für alte Wahlversprechen.
Zwingende Voraussetzung für künftige Regierung
Es geht bei dem schuldenbasierten Finanzpaket um die Lockerung der Schuldenbremse für die Verteidigung und um ein Sondervermögen für die marode Infrastruktur. Dafür brauchte Merz diese Zustimmung der Grünen unbedingt, um überhaupt eine funktionierende Regierung mit der SPD hinzubekommen, eine, die nicht dauernd vom Scheitern bedroht ist, wie einst die Ampel – zerbrochen am Streit ums fehlende Geld.
CDU-Chef Friedrich Merz hat mit dem Einlenken der Grünen nun bekommen, was er wollte – es ebnet seine Kanzlerschaft; noch dazu komfortabel ausgestattet mit viel Geld, um viele seiner teuren Vorhaben umsetzen zu können.
Das hat er sich aber teuer erkauft – nicht nur in finanzieller Hinsicht.
Merz’ Glaubwürdigkeit hat gelitten
Noch im Wahlkampf liess Merz die Grünen und die SPD auflaufen mit dem Angebot, die Schuldenbremse vor der Wahl zu reformieren. Dabei war längst klar, wie immens der Finanzbedarf künftig sein würde – Verteidigung, Wirtschaft, Infrastruktur. Doch das Einhalten der Schuldenbremse gehörte zu den Kernversprechen von Merz’ Wahlkampf. Es zerfällt, noch bevor er überhaupt regiert. Damit muss er sich auch von der eigenen Basis den Vorwurf der Wählertäuschung gefallen lassen.
Und sein Manöver hat noch eine andere unschöne Komponente: Diese fundamentale Wende in der Finanzpolitik paukt Merz durch den alten Bundestag. Im Neuen würde er wegen der erstarkten Parteien an den politischen Rändern kaum eine Zweidrittelmehrheit für die Verfassungsänderung bekommen. Auch wenn das legal ist, haftet gleich dem ersten politischen Geschäft unter Merz ein demokratiepolitischer Makel an. Die umgangene Opposition im Bundestag, die Linke und nicht minder die AfD, werden dafür sorgen, dass das nicht vergessen geht.
Kompromissfähig trotz persönlicher Verletzungen
Doch die Einigung zwischen Union, SPD und den Grünen, die konstruktive Opposition versprachen, zeigt eben auch: Diese Parteien sind kompromissfähig, selbst nach einem Wahlkampf voller harter Angriffe und persönlicher Verletzungen. Das ist ein gutes Zeichen, denn Kompromissfähigkeit ist eine fundamentale Voraussetzung der Demokratie.
Angesichts der wachsenden politischen Extreme gab es gar keine Alternative. Das fette schuldenfinanzierte Finanzpolster ermöglicht nicht nur eine schwarz-rote Regierungskoalition, es bietet auch gute Voraussetzungen für spürbare Veränderungen, die Deutschland so dringend braucht.
Nächsten Dienstag muss der Bundestag die Verfassungsänderung für das Schuldenpaket gutheissen – Friedrich Merz darf dem gelassen entgegenblicken.