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Entwicklung in Syrien Syriens Machthaber einigen sich mit den Kurden – was das ändert

Drei Monate nach dem Sturz Assads ist der Übergangsregierung ein vielversprechender Schritt gelungen. Ein Überblick.

Das Abkommen: Die syrische Regierung und die kurdische Selbstverwaltung im Nordosten des Landes haben ein Abkommen über einen Waffenstillstand und die vollständige Eingliederung der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) in die Armee und die staatlichen Institutionen geschlossen. Das Abkommen wurde von Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa und SDF-Oberkommandant Maslum Abdi unterzeichnet. Für Übergangspräsident al-Scharaa kommt der wegweisende Schulterschluss zu einem enorm wichtigen Zeitpunkt, wie SRF-Nahostkorrespondent Thomas Gutersohn erklärt. Denn die kürzlichen Massaker an Alawiten zeigten, dass er nicht die volle Kontrolle über seine teils radikal-islamistischen und von Rache getriebenen Milizen hat.

Die Kurden im Nordosten: Drei Monate nach dem Machtwechsel in Syrien stellt die Einigung mit den Kurden zugleich einen wichtigen Schritt im Bemühen der islamistischen Übergangsregierung dar, das Land zu vereinen. Mit dem Abkommen geben die Kurden zwar ihre bisherige Rolle als eigenständige militärische und administrative Macht in Syrien auf. Sie erhalten dafür aber volle Staatsbürgerrechte – was sie unter dem Assad-Regime nicht hatten. Die Kurdinnen und Kurden als grösste ethnische Minderheit im Land sollen Teil des politischen Prozesses werden.

Ahmed al-Scharaa (R) und SDF-Oberkommandeur Maslum Abdi
Legende: Syriens Interimspräsident Ahmed al-Scharaa (rechts) und SDF-Oberkommandant Maslum Abdi unterzeichnen in Damaskus das historische Dokument. Imago

Die künftige neue Armee: Für die Übergangsregierung in Damaskus ist es neben dem politischen auch ein wichtiger militärischer Schritt, sollen doch die Kurdenmilizen in eine künftige syrische Armee eingegliedert werden. Die Rede ist von 100'000 Mann, womit das Rebellenbündnis zu einer echten Armee würde. Wie die SDF eingegliedert werden soll und mit welcher Rolle und welchen Kompetenzen, ist allerdings noch nicht ganz klar.

Das Öl der Kurden: Das Abkommen ist auch ein wichtiger wirtschaftlicher Schritt, denn in den Kurdengebieten liegen die grössten Öl- und Gasreserven. Diese sollen unter Regierungskontrolle zu einer wichtigen Einnahmequelle für Syrien werden und die Wirtschaft ankurbeln. Im Gegenzug soll den Kurden garantiert werden, ihre eigenen Grenzen im Nordosten selbst zu kontrollieren. Auch ein Flughafen soll in ihren Gebieten gebaut werden. Für Kurdinnen und Kurden, die schon lange Teil des neuen gesamtsyrischen Projekts sein möchten, bedeutet da Abkommen aber auch einen Rückhalt. Denn ihre Milizen wurden im Krieg vor allem von den USA unterstützt, die mit Präsident Trump inzwischen nicht mehr verlässlich erscheinen.

Mögliche nächste Schritte: Falls das Abkommen wie angekündigt umgesetzt wird, wäre der nächste Schritt laut Korrespondent Gutersohn wohl die Schaffung einer echten Übergangsregierung in Syrien. Denn die aktuelle Übergangsregierung ist weiterhin eine ausschliesslich aus den HTS-Milizen bestehende Gruppe und repräsentiert Minderheiten wie der Frauen und religiösen Diversität nicht. Machthaber al-Scharaa hatte eine neue Übergangsregierung eigentlich auf Anfang März versprochen. Mit dem Schulterschluss müsste nun zumindest einer der Ministerposten kurdisch besetzt werden.

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SRF 4 News aktuell, 11.03.2025, 06:20 Uhr ; 

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