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Südlibanon: Fliehen oder bleiben?
Aus Rendez-vous vom 25.09.2024. Bild: AP Photo/Hussein Malla
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Eskalation im Nahen Osten Menschen in Libanon leben mitten im Krieg ohne Ausweg

Die vergangenen Tage waren verheerend in Libanon. Neben den vielen Toten und Verletzten sind Zehntausende in Notunterkünfte rund um Beirut geflüchtet – nur wenige harren im Süden aus.

«Das Stadtzentrum von Sour, etwa 20 Kilometer von der libanesisch-israelischen Grenzlinie entfernt, ist still. Die Geschäfte, Apotheken und Schulen sind geschlossen», erzählt Ali Sharafeddie, ein Anwohner von Sour, in einer Sprachnachricht. Nur ein paar Lebensmittelgeschäfte seien offen. Die Menschen in der Stadt harrten zu Hause aus.

Mann mit Brille spricht in Mikrofon vor Steinwand.
Legende: Ali Sharafeddie wohnt in Sour – und befindet sich derzeit noch in seiner Wohnung im Süden Libanons. ZVG

Es ist die Ruhe nach dem Sturm. Am Montag flog die israelische Luftwaffe wohl die intensivsten Angriffe auf vermeintliche Hisbollah-Stellungen seit dem letzten Krieg 2006.

Mehr als 550 Todesopfer und 1800 Verletzte

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Seit Wochenbeginn wurden bei den Luftangriffen auf die Hisbollah-Miliz in Libanon nach Angaben der libanesischen Behörden vom Dienstag mindestens 564 Menschen getötet, darunter 50 Kinder, 94 Frauen und vier Sanitäter. 1835 Menschen seien verletzt worden. Zudem fanden über 30'0000 Menschen mittlerweile in Notunterkünften Unterschlupf. (dpa/reu)

Die Stadt Sour (auch Tyros genannt) selbst sei grösstenteils verschont geblieben, sagt Ali Sharafeddie, doch sie hätten die Einschläge in den Dörfern gehört und die Rauchwolken gesehen.

Aus diesen Dörfern in den Hügeln, wo auch die Hisbollah ihre Stellungen hat, seien die Menschen jedoch geflohen. «Etwa 80 Prozent der Menschen haben die Dörfer verlassen», vermutet der 76-Jährige. Wer es sich leisten konnte, floh in grössere Städte im Norden, andere seien in leeren Schulgebäuden von Sour untergekommen.

Die Menschen in Libanon hätten über die Jahre gelernt mit solchen Situationen umzugehen, meint Ali Sharafeddie. Er selbst blieb fürs Erste im Süden in seiner Wohnung, aber Familien mit Kindern seien in den Norden geflohen.

Sour gleiche einer Geisterstadt. «Normalerweise ist die Uferpromenade bis weit in die Nacht hinein belebt. Doch seit den Pagerattacken von letzter Woche ist alles leer», sagt der Anwohner.

Weiter im Norden in der Hauptstadt Beirut zeigt sich ein anderes Bild. Der enorme und rasche Zustrom von Binnenvertriebenen hätte auch sie überfordert, sagt Wael Darwish, Caritas-Länderdirektor in Libanon. Er habe mit einer langsamen Eskalation des Konflikts gerechnet, ähnlich wie 2006, aber nicht mit dem, was er in den letzten Tagen erlebt habe.

Das Gesundheitssystem ist überlastet

Über 30'000 Menschen wurden seit Montag in Notunterkünften aufgenommen, zusätzlich zu den über 100'000 Menschen, die seit Oktober 2023 auf der Flucht sind. Doch «Notunterkünfte» sei ein grosses Wort, denn diese seien eigentlich noch gar nicht bereit, so Darwish. «Im Moment sind es vor allem leerstehende Schulen, die erst mit Matratzen und Decken ausgerüstet werden müssen. Zudem müssen warme Mahlzeiten oder medizinische Versorgung erst noch organisiert werden.»

Das libanesische Gesundheitssystem, ohnehin schon von einer über fünf Jahre dauernden Wirtschaftskrise gebeutelt, sei auf einen solchen Ansturm nicht vorbereitet, erzählt Wael Darwish. Die Spitäler, noch voll von Verwundeten der Pagerattacken vergangener Woche, mussten Patienten frühzeitig entlassen, um die über 1600 neuen Verletzten aufnehmen zu können.

Porträt eines Mannes vor einer grauen Wand.
Legende: Viele Hilfsorganisationen seien mit der enormen Zahl an Binnenflüchtlingen überfordert, sagt Caritas-Länderdirektor Wael Darwish in Libanon. ZVG

Menschen seien aus Regionen geflohen, die bis zum letzten Krieg 2006 als sicher galten. Doch nicht nur das habe sich geändert. Der libanesische Staat zerfiel in der Zwischenzeit, und der internationale Kontext sei ein anderer. «2006 sind Hunderttausende Menschen aus Libanon nach Syrien geflohen. Das ist aufgrund der aktuellen politischen Lage nicht mehr möglich», so der Caritas-Länderdirektor in Libanon.

Somit stehen die Libanesinnen und Libanesen erneut vor einer grossen Herausforderung: Nach einer Wirtschaftskrise, einer politischen Paralyse, einer Hafenexplosion und einer Flüchtlingskrise folgt nun auch noch ein Krieg ohne Ausweg.

Glückskette sammelt für Zivilbevölkerung im Nahen Osten

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Familien mit Habseligkeiten auf einem LKW
Legende: Im Süden Libanons sind Tausende Menschen auf der Flucht Keystone / WAEL HAMZEH

Wegen der Eskalation des Nahostkonflikts in Libanon und der sich täglich verschlechternden Lage der Zivilbevölkerung in Gaza verstärkt die Glückskette ihre Hilfe für die Betroffenen der humanitären Krise im Nahen Osten und ruft erneut dringend zu Spenden auf. 

Die Glückskette unterstützt ihre Schweizer Partnerorganisationen vor Ort – sie hilft dort, wo die humanitären Bedürfnisse am grössten sind. Diese Partnerorganisationen garantieren die Überwachung der Hilfeleistungen und sie garantieren dafür, dass die Hilfe die Not leidenden Menschen erreicht. Hier können Sie spenden.

Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der Glückskette.

Krieg im Nahen Osten

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Die Konflikte in Israel, im Westjordanland, im Gazastreifen und in Libanon halten an. Hier finden Sie alle unsere Inhalte zum Krieg im Nahen Osten.

Rendez-vous, 25.09.2024, 12:30 Uhr

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