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Ex-Filmmogul vor Gericht Neuer Prozess gegen Harvey Weinstein – darum geht es

Eine Serie von Vorwürfen gegen den Ex-Filmmogul wegen schwerer sexueller Übergriffe löste die weltweite MeToo-Bewegung aus. Der Schuldspruch 2020 war juristisches Neuland. Doch Verfahrensfehler führten zur Aufhebung des Urteils. Was man über die jetzige Neuauflage des Prozesses wissen muss.

Worum geht es im neuen Verfahren? Im Zentrum des Prozesses standen damals wie heute die Vorwürfe zweier Frauen: Harvey Weinstein soll 2006 die Produktionsassistentin Mimi Haleyi zum Oralsex gezwungen und 2013 die Schauspielerin Jessica Mann vergewaltigt haben. Nun bringt die Staatsanwaltschaft beide Anschuldigungen erneut vor Gericht, fügte jedoch noch einen weiteren Fall hinzu: Eine Frau wirft Weinstein vor, sie ebenfalls 2006 zu Oralverkehr gezwungen zu haben. Sie hatte sich bereits vor dem ersten Prozess bei den Behörden gemeldet, ihre Aussagen wurden damals jedoch nicht berücksichtigt.

Weinstein im Gerichtssal.
Legende: Harvey Weinstein erschien am 9. April 2025 vor Gericht in New York zu einer Anhörung in dem Verfahren. Jefferson Siegel /The New York Times via AP, Pool

Warum wird der Prozess neu aufgerollt? Ein Berufungsgericht in New York hatte im April 2024 die ursprüngliche Verurteilung Weinsteins aus dem Jahr 2020 überraschend kassiert. Die Richter kritisierten schwerwiegende Verfahrensfehler – vor allem die Zulassung von Zeugenaussagen, die nicht Teil der Anklage waren, mit denen aber Muster in Weinsteins mutmasslichen Taten offengelegt werden sollten. «Die einzigen Beweise gegen den Angeklagten waren die Aussagen der Klägerinnen», hiess es in der Begründung des Berufungsgerichts. Die zusätzlichen Zeuginnen hätten unrechtmässig das Bild Weinsteins vor den Geschworenen geprägt.

Wie läuft das Verfahren ab? Die Jury-Auswahl im Weinstein-Prozess beginnt am Dienstag, die Eröffnungsplädoyers sollen am 22. April folgen. Das Verfahren könnte sich über fünf Wochen erstrecken. Der 73-jährige Weinstein hat stets jede Schuld zurückgewiesen. Seine Anwälte betonen, die sexuellen Kontakte seien einvernehmlich gewesen.

Was ändert sich im Prozess? Die Zeuginnen, deren Missbrauchs­anschuldigungen beim ersten Prozess angehört wurden, die aber nicht Teil der Anklage waren, werden nicht wieder aussagen dürfen. Auch Begriffe wie «Überlebende» dürfen im neuen Prozess nicht verwendet werden – ein Versuch von Richter Curtis Farber, das Verfahren nüchterner und rechtlich stringenter zu führen. Auch untersagte der Richter das Wort «Gewalt» in einer Schilderung einer Zeugin bei einer Anhörung vor Prozessbeginn.

Welche Rolle spielt der Fall für die MeToo-Bewegung? Die Vorwürfe gegen Weinstein gelten als Auslöser der globalen MeToo-Bewegung gegen männlichen Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe weltweit. Seit 2017 haben mehr als 80 Frauen öffentlich erklärt, der einst mächtige Filmproduzent habe seine Position für sexuelle Übergriffe ausgenutzt. Der Schuldspruch im Jahr 2020 lautete auf 23 Jahre Haft wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung. Das Urteil wurde in vielen Kreisen als gesellschaftlicher Fortschritt und juristischer Meilenstein gefeiert, weil die Aussagen der Zeuginnen ohne klare materielle Beweise ausreichend waren, um die Jury von Weinsteins Schuld zu überzeugen. Die Aufhebung der Verurteilung schockierte viele MeToo-Unterstützende. Doch der mit dem Fall angestossene kulturelle Wandel mit der Stärkung von Frauenrechten bleibt Expertinnen zufolge von der juristischen Entscheidung weitgehend unberührt.

Was wird nicht neu verhandelt?

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Während die Schuldsprüche des alten Verfahrens keine Rolle mehr spielen dürfen, bleiben die Freisprüche aus dem Jahr 2020 bestehen. Dazu zählen unter anderem die beiden schwerwiegendsten Vorwürfe – darunter der des «raubtierhaften sexuellen Angriffs». Diese dürfen im neuen Prozess nicht neu verhandelt werden.

Unabhängig vom aufgehobenen Urteil in New York bleibt Weinstein in Haft. 2023 war er in einem separaten Verfahren in Los Angeles ebenfalls wegen Sexualverbrechen zu weiteren 16 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Auch dieses Urteil wird von seiner Verteidigung angefochten.

SRF 4 News, 15.04.2025, 5:00 Uhr ; 

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