Im Prozess um die Tötung des Afroamerikaners George Floyd vor gut einem Jahr hat das zuständige US-Gericht eine Haftstrafe von 22 Jahren und sechs Monaten gegen den verurteilten weissen Ex-Polizisten Derek Chauvin verhängt. USA-Korrespondent Thomas von Grünigen hat den Prozess verfolgt und spricht von einem symbolträchtigen Urteil.
SRF News: Wie schätzen Sie dieses Strafmass ein?
Thomas von Grünigen: Das Strafmass ist in etwa im erwarteten Rahmen. Es gab allerdings Befürchtungen der «Black Lives Matter»-Bewegung, dass Chauvin auf Bewährung freikommen könnte. Das fand ich aber unrealistisch. Man konnte davon ausgehen, dass es mindesten 10 bis 15 Jahre sind. Der Richter machte schon bei früheren Hearings erschwerende Umstände geltend. Dies, weil ein 9-jähriges Kind die Tat anschauen musste. Aufgrund dieser traumatischen Erfahrungen ist nun das Strafmass deutlich höher ausgefallen.
Es wird vom Prozess des Jahres gesprochen. Welche Signalwirkung wird dieser Entscheid haben?
Der ganze Prozess ist schon ein Wendepunkt in der Geschichte der USA. Es gab in der Vergangenheit auch schon hohe Strafen gegen Polizisten. Das war aber immer die Ausnahme. Generell fühlte sich die schwarze Bevölkerung von der Justiz meist benachteiligt. Dass nun in diesem Fall eine hohe Strafe ausgesprochen wurde, hat eine starke Symbolkraft. Das kann vielleicht dazu beitragen, dass sie sich nicht mehr so sehr im Stich gelassen fühlen. Die Probleme, wie Rassismus oder Polizeigewalt, sind damit aber noch nicht gelöst.
Das Gespräch führte Bigna Silberschmidt.