Bei Demonstrationen in den USA zum Coronavirus, zur «Black lives Matter»-Bewegung und anderen Themen sind oft auch private Bürgerwehren dabei – angeblich, damit die Lage nicht ausser Kontrolle gerät. Doch US-Geheimdienste warnen immer wieder vor solchen Gruppen. Einige der Milizen gelten als Anarchisten oder als Rechtsextreme, die eine angespannte Situation erst recht zum Eskalieren bringen können.
Den Mitgliedern der Bürgerwehren geht es oft um konkrete Themen. So auch Phil Robinson, Leutnant in der privaten Miliz «Michigan Liberty Militia». Er nimmt regelmässig an Demonstrationen teil, kürzlich auch an einer zur Verteidigung des liberalen Waffenrechts. Eine Verschärfung der Waffengesetze wäre für viele schwer bewaffnete private Milizen ein Problem.
«Ich bin hier, um an die Menschen im Kapitol, die für uns arbeiten, eine Botschaft zu senden. Der Verfassungsartikel, der das Recht zum Tragen einer Waffe garantiert, ist nicht verhandelbar», sagt Robinson. Eine regulierte Miliz sei nötig für das Recht eines freien Staates.
Laut Extremismusforscherin Cynthia Miller-Idriss schnellen die Waffenverkäufe seit diesem Sommer in die Höhe, die Munition werde knapp. «Es treten schwer bewaffnete Truppen auf, die zum Teil zerstritten sind. Da ist es vorhersehbar, dass es weitere Gewaltakte geben wird.»
Am meisten Sorgen bereitet der Extremismusexpertin derzeit die rechtsextreme Bürgermiliz Boogaloo Boys. Einige der Mitglieder würden offen eine Revolution und Gewalt propagieren, so Miller-Idriss. Die Miliz mobilisiere derzeit stark und habe grossen Zulauf.
Michael Lackomar, Sympathisant der Boogaloo-Bewegung, sieht die Kritik gegenüber seiner privaten Bürgerwehr gelassen. Ihm gehe es um Frieden, aber: «Wenn man Probleme vor unsere Haustür bringt, handeln wir sofort, damit unsere Kinder sich nicht irgendwann darum kümmern müssen», erklärt er.
Auch nach längerer Recherche und vielen Gesprächen seien die privaten US-Milizen und ihre Ziele noch immer schwer fassbar, sagt SRF-Korrespondent Thomas von Grünigen. Welche Rolle die privaten Bürgerwehren rund um die US-Wahlen vom 3. November spielen werden, sei daher nur schwer voraussehbar. «Die Gefahr einer Eskalation ist aber durchaus vorhanden.»