Vor den Medien sagte US-Präsident Trump nach den ersten Gesprächen seiner Vertreter mit russischen Abgesandten in Saudi-Arabien, die Ukraine hätte «diesen Krieg nie anfangen sollen» oder längst «einen Deal abschliessen» können. SRF-Osteuropa-Korrespondentin Judith Huber hält die Aussagen für unhaltbar.
Wie kommt Trumps Aussage in der Ukraine an?
Sehr negativ. Die Ukraine ist im Februar 2022 grundlos von Russland überfallen worden und kämpft seither mit aller Kraft ums Überleben. Jetzt verkehrt Trump das ins Gegenteil. Mit seinen Aussagen hat er die Glaubwürdigkeit der USA im ukrainischen Volk beschädigt: Man sieht die US-Führung jetzt nicht mehr als Verbündeten oder als Vermittler. In der Ukraine hat man das Gefühl, Washington habe sich auf die Seite des russischen Aggressors geschlagen. Das hat den Effekt, dass die Ukrainer jetzt trotzig sagen: Wir halten zusammen, wir halten das durch, auch ohne die USA.
Wie viel Zustimmung hat Präsident Selenski im Volk?
Laut der aktuellsten Umfrage vertrauen 57 Prozent der Ukrainerinnen und Ukrainer ihrem Präsidenten. Im Dezember waren es noch 52 Prozent. Trump hat von bloss vier Prozent gesprochen und damit völligen Unsinn verbreitet. In vielen Reaktionen von Ukrainerinnen und Soldaten ist jetzt das Bekenntnis zu lesen, Selenski sei ihr Präsident, ihr Oberkommandierender, sie stünden hinter ihm.
Trump verlangt wie Putin Wahlen in der Ukraine. Sind solche möglich?
Es herrscht Kriegsrecht – und die ukrainischen Gesetze verbieten Wahlen während des Kriegsrechts. Selenskis reguläre Amtszeit ging letzten Frühling zu Ende. Und sobald der Krieg aufhört, werden Wahlen stattfinden, da ist man sich in der Ukraine einig. Faire Wahlen während eines so grossen Krieges sind unmöglich: Ein Grossteil der Männer ist an der Front, Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer sind im Ausland, Hunderttausende unter russischer Besatzung. Zudem besteht die Gefahr von Luftangriffen auf Wahllokale. Ein Wahlkampf unter solchen Bedingungen würde das Land nur destabilisieren.
Wie stehen die Chancen auf einen Frieden?
Ein Waffenstillstand in nächster Zeit ist wenig realistisch. Trump signalisiert, dass er sich auf die Seite des Kremls geschlagen hat. Und dieser hält an seinen Maximalforderungen gegenüber der Ukraine fest. Wenn niemand Russland zu Konzessionen zwingt, dann ist auch kein Abkommen möglich, das die Ukraine akzeptieren könnte. Und schliesslich ist da auch noch Europa, dessen Sicherheit von den Vorgängen in der Ukraine mitbetroffen ist. Auch die europäischen Staaten können kein Interesse an einem Abkommen haben, das eine Kapitulation der Ukraine und eine Belohnung des Aggressors bedeuten würde. Deshalb ist ein rascher Abschluss eines Abkommens wenig wahrscheinlich.