Eines ist klar für Dan Smith, den Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri: «Der Ukraine-Krieg muss enden. Eine militärische Lösung gibt es nicht, sondern einzig eine am Verhandlungstisch.» Er begrüsst daher, dass die Amerikaner Bewegung in die Sache bringen. Hingegen versteht er nicht, weshalb US-Präsident Donald Trump, der in seinem Selbstverständnis ein meisterlicher Verhandler ist, bereits vorab enorme Zugeständnisse an Moskau macht.
Der Sipri-Chef sieht keine nachhaltige Lösung ohne schmerzhafte Zugeständnisse beiderseits. Russland weicht bisher in keinem Punkt von seinen Maximalforderungen ab. Das sieht Smith indes als harte russische Einstiegshaltung: «In Verhandlungen kann, ja muss sie aufgeweicht werden.»
Ukraine auf dem Präsentierteller
Freilich schliesst Dan Smith nicht rundweg aus, dass die Trump-Regierung dem Kreml nicht nur die Ukraine, sondern sogar eine riesige Einflusszone in Europa auf dem Präsentierteller anbietet. Nach dem Modell der grossen Konferenzen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Jalta und Potsdam, wo der Kontinent zweigeteilt wurde.
Doch genau da müssten die Ukraine und die übrigen Europäer Druck auf Washington machen, indem sie weiter stramm zur Ukraine stehen und bereit sind, für deren künftigen Schutz zu sorgen. Nicht nur mit Worten, sondern mit Taten.
Es geht darum, dem US-Präsidenten klarzumachen, dass er nicht nur in Europa, sondern weltweit als Schwächling dasteht, falls er von Russland keine Zugeständnisse herausholt.
Sie müssten so die Amerikaner davon abhalten, die Ukraine zu einem russischen Diktatfrieden und damit zur Unterwerfung zu zwingen. «Es geht also darum, dem US-Präsidenten klarzumachen, dass er nicht nur in Europa, sondern weltweit als Schwächling dasteht, falls er von Russland keine Zugeständnisse herausholt oder das gar nicht erst versucht», sagt der Sipri-Chef. Das dürfte Trumps Kalkül beeinflussen.
Problematisch bleibt aber die mangelnde Geschlossenheit und Verteidigungsfähigkeit Europas. Die europäischen Nato-Mitglieder investieren zwar weitaus mehr in ihre Streitkräfte als Russland, doch holen sie damit viel zu wenig Schlagkraft heraus. Noch immer gibt es in Europa zu viele unterschiedliche Waffensysteme.
Es geht nicht allein um mehr Geld für Verteidigung, sondern um mehr Wirkung für dieses Geld
Noch immer stellt jede Nation Rüstungsgüter nur für sich selber her und damit viel zu teuer. Zugespitzt: Jedes Land baut seinen Panzer. Noch immer funktionieren viele Armeen primär national. Mehr Vernetzung, mehr Kooperation, mehr Effizienz wären zwingend. «Es geht nicht allein um mehr Geld für Verteidigung, sondern um mehr Wirkung für dieses Geld», so der Sipri-Direktor.
Kampffähige Truppen
Weniger wichtig ist für Dan Smith, ob die Verhandlungen nun zu einem echten Friedensabkommen führen oder bloss zu einer temporären Waffenstillstandsvereinbarung, was wahrscheinlicher sei. «Das Beispiel der beiden Koreas zeigt, dass selbst ein temporäres Waffenstillstandsabkommen jahrzehntelang Stabilität schaffen kann.» Auch in Korea gab es nie einen eigentlichen Friedensvertrag.
Allerdings müsste ein solcher Waffenstillstand mit robusten, kampffähigen Truppen auf ukrainischer Seite abgesichert sein – und da sind dann die Europäer gefordert. Erst recht, falls sich Washington definitiv abmeldet bei der Unterstützung der Ukraine.