In Italien sorgen Videos von einer neofaschistischen Versammlung in Rom für Aufregung: Hunderte Menschen haben bei der Veranstaltung ihre rechten Arme in die Höhe gestreckt und den Faschistengruss gezeigt. Die Geste ist in Italien als «Saluto Romano» (römischer Gruss) bekannt.
Dass die Reaktionen auf die Videos nicht lange auf sich warten liessen, war zu erwarten. Vor allem die Opposition meldete sich sofort, forderte, dass neofaschistische Organisationen aufgelöst werden und dass Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zum Vorfall Stellung nehmen müsse.
Meloni schweigt eisern
Doch Meloni schweigt – seit Tagen schon. Das allerdings ist nichts Aussergewöhnliches. Immer, wenn es ums Verhältnis zum Faschismus geht, wird Meloni ziemlich maulfaul. Zwar betont sie, dass es in ihrer Partei keinen Platz für Nostalgiker des Faschismus gebe, aber etliche Skandale aus den eigenen Reihen zeigen ein anderes Bild.
Seit Meloni den Posten der Ministerpräsidentin innehat, äussert sie sich so gut wie gar nicht mehr zum Thema, umschifft es regelrecht. Und bald stehen Europawahlen an; da will sie den harten Kern der postfaschistischen Stammwählerinnen und Stammwähler wohl auch nicht verärgern.
Keine Seltenheit
Videos, die Personen beim «Saluto Romano» zeigen, sind in Italien keine Seltenheit. Obwohl die «Verherrlichung des Faschismus» seit Jahren im Land ein Strafbestand ist, gab es bereits in früheren Jahren ähnliche Bilder vom Gedenkanlass der Acca-Larentia-Morde.
Dass solche Videos in Italien toleriert würden, habe mit der verpassten Aufarbeitung des Faschismus zu tun, sagt der Historiker und Faschismus-Experte Davide Conti. «Es gab in unserem Land kein Nürnberg, also keinen formellen Prozess, der die Verantwortlichkeiten des Faschismus während seiner gesamten Zeit bis zu seinem Ende historisch sanktionierte.»
Dieses Mal aber ist der Aufschrei lauter. Das liegt auch an Melonis Partei. Die Fratelli d’Italia haben ihre Wurzeln im Movimento Sociale Italiano, einer Nachfolgepartei von Diktator Benito Mussolinis faschistischer Partei.